„Mordsmäßig Mallorca“ – keine Angst, mit diesem WDR-„Polizeiruf 110“ erwartet den Zuschauer kein Krimi-Aufguss vom „Ballermann 6“-Kinohit. Allenfalls gewohnt augenzwinkernd geht es nach feucht-fröhlichem Einstieg im vierten Abenteuer der beiden Provinz-Polizisten Sigi und Kalle zu. Dann aber ist – zumindest für die Krimihelden – Schluss mit lustig: denn unter Mordverdacht zu stehen ist nun mal kein Kavaliersdelikt.
Sigi, der mit der volkstümlichen Gesangsgruppe der „Bergischen Bachstelzen“ zu einer besonderen Art des Kulturaustauschs auf Mallorca weilt, ist mal wieder der Unglücksrabe. Zunächst zeigt ihm Freundin Gabi die kühle Schulter, dann verliert er beim Kartenspiel viel Geld und macht hohe Schulden. Natürlich geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Am nächsten Morgen ist der Spielclubbesitzer Rolf Radic tot – und Sigi soll es gewesen sein. Sigi büchst aus – derweil die Freunde ermitteln. Die Spuren führen zu einem längst verjährten Versicherungsbetrug mit 32 Toten, in den angesehene Persönlichkeiten verstrickt sein sollen.
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Die „Polizeiruf“-Kritik im Vorbericht aus dem Jahre 1998:
Die Bergischen Bachstelzen aus Volpe beim Heimatabend auf der beliebten Baleareninsel sorgten für einen prima Schmunzeleinstieg in den Krimi „Mordmäßig Mallorca“. Danach gab’s Mallorca pur: Man lallte, torkelte und hielt sich am nächsten Morgen die Birne. Das war amüsant und hätte eine Weile so weitergehen können, doch auch die folgende Kriminalgeschichte hatte reichlich komische Momente: Sigi unter Mordverdacht ermittelt mit Kalle und Gabi einen in Spanien längst vergessenen Versicherungsbetrug mit 32 Toten. Das klingt zwar höchst dramatisch, doch unter südlicher Sonne, mit rot gefärbten Haaren und dem eingespielten, augenzwinkernden „Polizeiruf“-Team geriet der gewollt chaotische Film (nur die Darstellung des Komplotts war arg wirr) zu einer gelungenen Alternative zur ernsthaften Krimimassenware. Man schien den Spaß zu spüren, die Lust an ungewöhnlichen Auflösungen bei den Autoren und die Spielfreude bis in die kleinsten Rollen hinein. Und trotz der Ironie fieberte man mit den beiden Provinz-Kumpels mehr mit als mit einem der deutschen Standard-Ermittler. (tit.)
Gemäß dem Motto „Never change a winning team“ machte man sich beim WDR vergangenen Spätherbst auf zu der Deutschen beliebtesten Sonneninsel. Weil Regisseur Ulrich Stark nur in der in Deutschland (insbesondere dem Bergischen Land) recht ungemütlichen Jahreszeit ein Loch im Terminkalender hatte, landete die Bavaria-Produktion auf Mallorca. Denn es sollten und wollten alle wieder dabei sein: die Hauptdarsteller Martin Lindow, Oliver Stritzel und Andrea Sawatzki, die Autoren Dirk Salomon und Thomas Wesskamp, die sich dieses Mal auch zwei tragende Nebenrollen ins Drehbuch geschrieben haben und eben jener Uli Stark. Ein Team, bei dem die Chemie seit vier Jahren stimmt. Der Grimme-Preis war kein Zufall.
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Obwohl der Westdeutsche Rundfunk mit dem „Tatort“ und „Schimanski“ noch zwei vermeintlich größere Zugpferde im Quotenrennen hat, ist auch Fernsehspielchef Gunter Witte sehr zufrieden mit seinen ironischen Provinz-Krimis. „Besonders gefällt mir, dass die aus der kleinen Welt kommenden Polizisten am Ende doch die klügeren sind.“ Erfrischend sei natürlich auch die komische Tonlage zu Zeiten einer wahren Krimi-Inflation. „Denn das Grundkonzept des ‚Polizeirufs‘, die kleinen Verbrechen im Kleinstadt-Milieu, läuft Gefahr, dass die Geschichten mit der Zeit leicht eine gewisse Drögheit bekommen“, glaubt Witte. „Insofern ist die Ironie eine Versicherung, dass man gut damit ankommt.“ (Text-Stand: 7.6.1998)