Friedl Papen ist Nachfolger von Kommissar Tauber. Er sei noch eigenwilliger als sein egozentrischer Vorgänger, wird unter Kollegen gemunkelt. Viel Zeit, Eigenarten an den Tag zu legen, bleibt ihm allerdings nicht. Im ersten und leider auch letzten „Polizeiruf 110“ des bayerischen Urgesteins (Jörg Hube starb im Juni) geht alles Schlag auf Schlag. Ein Oberleutnant der Bundeswehr wird entführt. Wenig später steht er in einem Wald – auf einer Mine. Ein falscher Tritt und er ist tot. Eine Kamera ist auf den Soldaten gerichtet. Will der Entführer die Explosion filmen? Will er Rache? Will er ein Bekenntnis?
„Klick gemacht“ ist die Krimi-Variante der Afghanistan-Heimkehrerdramen, die in diesem Jahr mehrfach den Weg ins Programm fanden. Im Vordergrund steht die Polizei-Aktion: Papen und der weibliche Feldjäger Uli Steiger müssen das Leben des Entführten retten. Es bleiben ihnen nur wenige Stunden. Der Schlüssel der Ermittlung liegt in Kundus: vor einem halben Jahr kamen dort drei Bundeswehrsoldaten bei einem Sprengstoffanschlag ums Leben. Die Einsatzleitung hatte der Entführte. „Ein tragisches Missverständnis“, hieß es offiziell. Ein interner Untersuchungsbericht liegt unter Verschluss. Selbst die idealistische Frau in Grün stößt bei ihrem Vorgesetzten, der zugleich ihr Vater ist, auf Granit.
Foto: BR / Erika Hauri
Quasi im Vorbeigehen wird in diesem „Polizeiruf“ die Kehrseite des „Friedensengagements unserer Republik“ thematisiert. Es wird hineingehorcht in die Trauer, in die Wut und die Überlebensstrategien der Angehörigen. Vordergründig fokussiert ist der Film von Stephan Wagner auf die Rettungsaktion. Elegant eingewoben in das spannende Geschehen ist neben der Afghanistan-Geschichte auch die langsame, im gemeinsamen Ermitteln vollzogene Annäherung zwischen dem Kommissar und der Feldjägerin. Angenehm zurück hält sich der Film mit den Klischees vom ungleichen Paar und auch der anschließende Friedenspakt der beiden wird eher beiläufig geschlossen. Ein mustergültiger Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe. Motto: Lieber mit dem Fuß auf einer Mine, als sich auf ausgetretene Pfade zu begeben!
Ausgehend von einem Ausnahmezustand verbindet Autor Christian Jeltsch die Erzählstränge auf eine ungewöhnlich elegante Art und Weise. Bewegte er sich unlängst bei seinem BR-„Tatort: Um jeden Preis“, in dem es um Moral statt um Mord ging, weg vom klassischen Krimi in Richtung eines gesellschaftskritischen Dramas, versöhnt er in „Klick gemacht“ beide Genres miteinander. Hier wird kein Fall nach den Regeln des TV-Krimis abgearbeitet, sondern eine vielschichtige Geschichte erzählt – die Betonung liegt auf „erzählt“.
Temporeich geht es in die Geschichte. Jedwede narrative Schlacke wird beseitigt. Das Überbringen von Todesnachrichten wird nur angedeutet, auch ein Zwischenfall bei der Trauerfeier für die toten Soldaten wird doppelt irritierend im Schnelldurchgang inszeniert. Dichter und informationsgesättigter lässt sich kaum (noch) erzählen. Auch in punkto Asynchronität von Bild und Ton und anderen raumzeitlichen Brechungen überschreitet Wagner die Grenzen dessen, was man vom deutschen Erzählfernsehen gewohnt ist. Wagner hat dieser ungewöhnlichen Story auch einen ganz eigenen Erzählton gegeben. Dass der (Umgangs-)Ton die Musik macht, gilt auch für das Verhältnis zwischen Papen und Steiger (zackig: Stappenbeck). Das ist ein weiterer dicker Pluspunkt dieses überragenden Films. Nach Taubers Abgang überkommt einen nach diesem „Polizeiruf“ schon wieder Wehmut.