Polizeiruf 110 – Ikarus

Maria Simon, Feifel, Schir, Kahane. Fleisch war sein Gemüse: Horst Krause geht!

Foto: RBB / Oliver Feist
Foto Volker Bergmeister

Zum 25. Mal, genau genommen sogar zum 26., ermittelt er, dann geht er in den Ruhestand: Wachtmeister Horst Krause. Gemeinsam mit Kommissarin Olga Lenski löst er in „Polizeiruf 110 – Ikarus“ (RBB) seinen letzten Fall. Und der geht ihm gehörig an die Nieren: Denn den jungen Mann, der quasi vom Himmel gefallen ist, und dessen Familie kennt der beliebte und beleibte Polizist lange und gut. Peter Kahane hat die Abschiedsfolge mit Horst Krause inszeniert: unaufgeregt, überlegt, mit viel Liebe für die Figuren. Ein eher leiser, stilgerechter Abgang für den Mann, der nie eine Pistole trug, bei dem das Wort die Waffe war.

Seine Chefs waren stets weiblich: Vier Mal ermittelte er mit Wanda Rosenbaum (Jutta Hoffmann), zwölf Mal mit Johanna Herz (Imogen Kogge), einmal mit Tamara Rusch (Sophie Rois) und jetzt zum achten Mal mit Olga Lenski (Maria Simon) – mehr als eineinhalb Jahrzehnte war Horst Krause die Konstante, der Ruhepol und die brandenburgische Prägung des RBB-“Polizeirufs 110“. Dass der Dorfpolizist exakt den selben Namen trägt wie sein Darsteller, dafür ist Bernd Böhlich verantwortlich. Der ließ ihn bereits 1998 in der Folge „Das Wunder von Wustermark“ als Horst Krause an der Seite von Katrin Sass als Tanja Voigt ermitteln und antwortete damals dem fragenden Schauspieler: „Warum soll der Dorfpolizist Schulz heißen, wenn er aussieht wie Krause.“ Und auf die Frage nach dem Vornamen, sagte er trocken: „Horst“. Ein Jahr später, 1999, wurde aus Horst Krause eine Reihen-Figur, die den Zuschauern in 25 „Polizeiruf 110“-Krimis aus Brandenburg ans Herz gewachsen ist.

Polizeiruf 110 – IkarusFoto: RBB / Oliver Feist
Die Manager der Solarmodulfabrik sind passionierte Kunstflieger. Martin Feifel & Bernhard Schir

Der letzte gemeinsame Fall von Olga Lenski und Horst Krause hat es in sich: Ein junger Mann fällt quasi vom Himmel, besser gesagt, er fällt aus einem Flugzeug und hängt schwerverletzt im Baum. Von der Maschine fehlt jede Spur. Bald stellt sich heraus, dass eine junge Frau mitgeflogen ist. Ist der Flieger noch in der Luft oder abgestürzt? Krause kannte das Opfer schon seit dessen Kindheit. Der Vater Martin Reef (Feifel) betreibt gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Peter Tender (Schir) seit Jahren eine Solarmodulfabrik in der Uckermark. Doch die steckt tief in den roten Zahlen. Als die Maschine gefunden wird, hat man mit der mitgeflogenen, nur leicht verletzten Frau (Breitkreiz) endlich eine Zeugin. Zudem entdeckt Olga Lenski in der Maschine einen Koffer mit 750.000 Euro. Für den scheint sich Tender zu interessieren, dem das Flugzeug, eine alte „Tiger Moth“ gehört. Und es stellt sich heraus, dass der Sicherheitsgurt in dem offenen Flieger manipuliert wurde und gerissen ist.

Polizeiruf 110 – IkarusFoto: RBB / Oliver Feist
Kommissarin Lenski (Maria Simon) schaut sich bei der Mutter (Ursina Lardi) des abgestürzten Jungen um.

Autor Uwe Wilhelm hat Krause in „Polizeiruf 110 – Ikarus“ zum Abschied eine zentrale Rolle gegeben und lässt ihn trocken-witzige Sätze sagen wie „Ich kann 120 werden, wenn ich nicht vorher sterbe“. Neben dem Fall, in den der Wachtmeister persönlich involviert ist, weil er die Familie des Opfers seit vielen Jahren gut kennt, und der ihm so an die Nieren geht, muss Krause ja auch noch gebührend verabschiedet werden. Und das geschieht leise und ein wenig melancholisch. Während in der Dienststelle die Kollegen auf ihn anstoßen und Frau Lenski eine Rede hält, sitzt er auf seinem Motorrad, sein Schäferhund im Beifahrerwagen, und fragt den vierbeinigen treuen Gefährten dann: „Sollen wir uns das antun?“ Dann braust er davon. Ein stilgerechter Abschied für den liebenswertesten Dorfpolizisten in der deutschen Krimi-Landschaft, der immer auch Genussmensch war und das Leben in Brandenburg verkörperte: Bulette statt Gemüse, Karat statt Stones, bauernschlau statt actionbetont – das war Krause.

Doch zuvor muss er mit Olga Lenski noch einen Fall lösen, der mit dem schon (zu) oft gesehenen Motiv „verwechseltes Opfer“ arbeitet. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft zweier Männer, die den großen Traum hatten, eine Firma zu gründen, dieses während eines Aufenthalts in Paris mit der von beiden angebeteten Frau („Jules und Jim“ lässt grüßen) auf einer Papierserviette festhielten, und den Traum dann in die Tat umsetzten. Hier der Denker, da der Geschäftsmann. Martin Feifel und Bernhard Schir sind eine prima Besetzung für die ungleichen Freunde und Partner. Schließlich ist es – wohl wie im richtigen Leben – das Geld, das sie entzweit. Die private Ebene rückt in den Hintergrund und man fragt sich: Warum wird die Ménage-à-trois zwischen Daniels Mutter (Lardi) und den beiden Freunden zu Beginn eigentlich thematisiert, aber als Thema nicht mehr aufgenommen? So bleibt die wirtschaftliche Ebene: Ein marodes Unternehmen soll von einer Firma, die auf Unternehmen in der Krise spezialisiert ist, aufgekauft werden. Die will die erworbenen Patente nutzen und den Rest quasi wegwerfen. Regisseur Peter Kahane, der auch einige „Stubbe – Von Fall zu Fall“-Folgen und den „Polizeiruf 110 – Die Frau des Fleischers“ in Szene gesetzt hat, hat diesen Krimi zwischen Himmel und Erde unaufgeregt, überlegt und mit viel Liebe für die Figuren inszeniert, setzt nicht auf Tempo und Action, auch wenn das Ende des Falls sehr dramatisch ist. Doch auch das spielt sich in sehr reduzierten Bildern ab. (Text-Stand: 20.4.2015)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

rbb

Mit Maria Simon, Horst Krause, Martin Feifel, Bernhard Schir, Hauke Diekamp, Carmen-Maja Antoni, Fritz Roth, Margarita Breitkreiz, Ursina Lardi, Veit Stübner

Kamera: Gero Steffen

Szenenbild: Eduard Krajewski

Produktionsfirma: DOKfilm Fernsehproduktion

Drehbuch: Uwe Wilhelm

Regie: Peter Kahane

Quote: 8,12 Mio. Zuschauer (24,8% MA)

EA: 10.05.2015 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach