Nur den Markt bedienen ist nicht sein Ding. Der Potsdamer Andreas Dresen will Stoffe mitentwickeln, zum Auftragsregisseur eignet er sich nicht. „Die Geschichten sind mir wichtig; ich will nicht irgendwas verfilmen, damit nur die Sendeplätze gefüllt werden können“, betont er. „Der Tausch“ ist so ein Herzensprojekt. Das Drehbuch zu diesem „Polizeiruf 110“ schrieb der Berliner Hans-Ullrich Krause nach seinem gleichnamigen Kriminalroman.
Es beginnt seltsam. Eine Frau steht verstört auf der Polizeiwache und hält ein Baby in den Armen: „Das ist nicht mein Kind“, behauptet sie. Vor dem Supermarkt habe sie den Kinderwagen abgestellt, jetzt läge ein fremdes Baby drin. Kommissar Beck und seine Kollegen stehen vor einem Rätsel. Noch merkwürdiger wird der Fall, als sich die Mutter des falschen Babys meldet, eine verwahrloste Alkoholikerin, die erst einen Tag später mitbekommen haben will, dass nicht ihr Ben im Kinderwagen lag. Und dann meldet sich noch ein Erpresser.
Das Drehbuch läge weit über dem Krimi-Durchschnitt, meint Dresen. „Krause hat diesen sozialen Blick auf die Wirklichkeit, der heute selten geworden ist. Er schreibt Geschichten über Leute, die meine Nachbarn sein könnten. Nicht diese austauschbare, ewig gleichen Krimis im Stasi-Mafia-Milieu, die so weit weg sind von der eigenen Erfahrung.“ Der Filmemacher lernte Krause während eines Dokumentarfilms zunächst als Kinderheimleiter kennen, dann las er seine Romane, war begeistert – und klopfte beim MDR an. Etwas schade fand er, „dass aus der Tätergeschichte fernsehkrimigemäß eine Ermittlungsgeschichte werden musste“, sagt Dresen. Denn er findet analytisches Erzählen besonders reizvoll. „Bei Hitchcock wusste man doch auch häufig, wer der Täter ist – und dennoch blieb es spannend.“
Ein Händchen bewies Dresen bei der Besetzung der Hauptdarstellerinnen: Ulrike Krumbiegel als Bild gewordene Verzweiflung und Sophie Rois als Asoziale. Zwei Frauen, die durchs soziale Netz fallen, die eine nach oben, die andere nach unten. Dresen hat durch die Schauspieler gelernt, flexibler zu sein, sich auf sie und ihre Stärken einzustellen. „Bei einer Bauchschauspielerin wie Sophie Rois habe ich mir angewöhnt, sofort zu drehen. Denn gerade bei ihr geht in der Vielzahl der Wiederholungen oft was verloren. Überhaupt sind für Andreas Dresen („Mein unbekannter Ehemann“) die Schauspieler das Wichtigste. Ausstattung, Farbdramaturgie und Kamera sollen die Szene zwar mittragen und interpretieren – das, was man heute gemeinhin „Look“ nennt, lässt er aber lieber andere machen. (Text-Stand: 1997)