Plötzlich 70!

Yvonne Catterfelds nichtssagender Sat-1-Bodyswitch von hübsch auf schrumpelig

Foto: Sat 1 / Dominik Hatt
Foto Rainer Tittelbach

Attraktive, übermotivierte Nachwuchsdesignerin sieht über Nacht aus wie ihre Großmutter! Was hätte man da nicht alles erzählen können. Doch dem Autor fiel nichts dazu ein. Die Geschichte basiert einzig und allein auf der arbeitsmoralischen Läuterung der arbeitssüchtigen Hauptfigur. Aus den Themenkomplexen Alter, Generationenfrage, Lebenstempo, Firmen(personal)politik und Menschenwürde auch noch mit 70 wird so gar nichts für die Story herausgeholt. Weshalb sollte man sich also eine greise Yvonne Catterfeld antun?!

Melanie Müller lebt ein Leben auf der Überholspur. Immer in Eile geht sie geradezu auf in ihrem hektischen Alltag. Die Nachwuchsdesignerin will vorankommen in ihrem Job. Seit fünf Jahren kein Urlaub. Langzeitfreund Mark ist unzufrieden. Jetzt endlich will sich auch Mel drei Wochen Bali gönnen. Doch dann bekommt sie DIE Chance: sie soll ihre erste eigene Kollektion entwerfen. Da kann sie, da will sie nicht nein sagen. Als sie am Abend im Massagestudio der thailändischen Aushilfsmasseurin ihr Leid klagt, hat diese etwas für die High-Speed-Lady: eine Spezial-Schildkröten-Creme. „Die Schildkröte sieht mehr vom Weg als der Hase“, orakelt sie der entspannten Melanie ins Ohr. Am nächsten Morgen der Schock: im Spiegel sieht die attraktive Frau um die 30 plötzlich eine Frau, die ihre Großmutter sein könnte. Sie quartiert sich bei ihrer Mutter ein, lügt ihrem Freund etwas von einer USA-Reise vor, ihrem Chef erzählt sie, sie habe Windpocken – und ihre Kollektion kreiert sie in Heimarbeit. Als die gealterte Melanie zufällig ihrem Mark begegnet, der sie natürlich nicht erkennt und ihr sein Herz ausschüttet, macht es langsam klick bei der Arbeitswütigen…

Weshalb es nach Infantilisierungskomödien wie „Plötzlich wieder 16“ oder „Für immer 30“ nicht einmal mit einem Bodyswitch ins Rentenalter versuchen?! Man könnte dem Jugendwahn komödiantisch etwas entgegensetzen und dem Alter sein Recht auf Lebensfreude zurückgeben, darüber hinaus das Erfahrungswissen auf den Sockel stellen und das blinde Tempo, das manche Berufsbranchen vorgeben, augenzwinkernd kritisch hinterfragen. Oder einfach mit den Klischees des Alters lustvoll spielen, wie es beispielsweise die Erfolgskomödie „Die Spätzünder“ gemacht hat. Für eine Sat-1-Komödie ein geeigneter Stoff. Doch was der Autor Daniel Scotti-Rosin aus dieser Idee herausholt, ist in jeglicher Hinsicht enttäuschend. So nervig der obligatorische Sat-1-Komödien-Einstieg auch ist, der einem mal wieder Vorgeschichte und Charaktere pseudogewitzt banal erklärt, so spart er doch zumindest Zeit, um schnell hineinzukommen in die Handlung. Nur, welche Handlung? Die Geschichte basiert einzig und allein auf der arbeitsmoralischen Läuterung der arbeitssüchtigen Hauptfigur.

Plötzlich 70!Foto: Sat 1 / Dominik Hatt
Forever young? Von wegen. Yvonne Catterfeld & Steffen Groth in „Plötzlich 70!“ Bald heißt es: Wer ist die Alte in meinem Bett?

Aus den Themenkomplexen Alter, Generationenfrage, Lebenstempo, Firmen(personal)politik und Menschenwürde auch noch mit 70 wird so gar nichts für die Story herausgeholt. „In Asien werden alte Leute verehrt“, weiß die Masseurin. Das war’s an Hintergrund zum Thema. Wer die hübsche Yvonne Catterfeld gegen ein schrumpeliges Masken-Etwas ersetzt, muss eine nachhaltige Geschichte erzählen – oder witzig sein oder Emotionen befördern. Weshalb sollte sich der Zuschauer so einen Anblick sonst antun? Catterfeld um 40 Jahre gealtert – ein solcher Gimmick lässt vorab das PR-Maschinchen schnurren – es fragt sich nur: wie viele diesen Film zu Ende gucken. Vor allem auch dramaturgisch stimmt in „Plötzlich 70!“ nichts. In der einen Szene erklärt die Heldin ihrem Freund, dass sie eine Kollektion entwerfen müsse und deshalb Bali gestrichen ist. Kurz darauf erzählt sie ihm, dass sie eine Woche in den USA sei und dort unter anderem Firmen besichtigen würde… Auch Komödien müssen Hand und Fuß haben. Diese hat nur eine Idee und eine ganz passable Maske. Für einen 10-minütigen Kurzfilm hätte das vielleicht gerade noch ausgereicht. (Text-Stand: 18.1.2012)

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Yvonne Catterfeld, Steffen Groth, Ursela Monn, Siegfried Terpoorten, Julia Malik, Anna Ottmann, Nele Kiper und Sonya Kraus

Kamera: Michael Boxrucker

Szenenbild: Benedikt Herré

Musik: Thomas Klemm

Soundtrack: Colbie Caillat („I do“), The Ting Tings („Shut up and let me go“), Gotye („Somebody that I used to know“), Frank Sinatra („Come fly with me“), Bishop Allen („Click, Click, Click, Click“)

Produktionsfirma: Wiedemann & Berg Television

Drehbuch: Daniel Scotti-Rosin

Regie: Matthias Steurer

Quote: 3,77 Mio. Zuschauer (11,5% MA)

EA: 07.02.2012 20:15 Uhr | Sat 1

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach