Pfarrer Braun – Kur mit Schatten

Ottfried Fischer, Jochmann, Weisgerber, Brix. Vornehm geht die Welt zugrunde

Foto: Degeto
Foto Tilmann P. Gangloff

Pfarrer Braun verschlägt es nach Usedom. Hier, vor dem Stettiner Haff, bekommt er es in der treffend doppeldeutig betitelten Episode „Kur mit Schatten“ mit vermögenden Strohwitwen zu tun, die der „Wellness“ frönen, mit allerlei männlichem Geschmeiß und zwei Toten. Um das zu genießen, muss man Fan solcher Whodunits sein. Insgesamt ist dieser Film einer der besseren „Pfarrer-Braun“-Schmunzelkrimis – für die Zielgruppe 60 plus, versteht sich.

Die deutsch-polnische Halbinsel Usedom vor dem Stettiner Haff war schon immer ein beliebtes Reiseziel für allerlei illustre Gestalten: Piraten pflegten sich auf dem Eiland vor den Ordnungshütern zu verstecken, gekrönte Häupter enteilten zur Sommerfrische. Pfarrer Brauns Abenteuer mit dem treffend doppeldeutigen Titel „Kur mit Schatten“ knüpft an beide Traditionen an: Die vermögenden Strohwitwen der Republik, die hier der „Wellness“ frönen, ziehen auch allerlei Geschmeiß an. Deshalb ahnt man selbst ohne kriminalistische Kenntnisse, dass der vermeintliche litauische Alt-Adelige Wiktor (Nicki von Tempelhoff) in Wirklichkeit ein Hochstapler ist, der die betuchten Besucherinnen des örtlichen Grand-Hotels um einige ihrer Millionen bringen will. Besonderen Erfolg hat er bei Sonja Hansen (Eleonore Weisgerber), denn die geht ihm gleich zweifach auf den Leim. Sie nimmt ihm nicht nur eine rührende Geschichte ab, die sie viel Geld kosten wird, sondern ist auch überzeugt, der schmucke Wiktor habe ihre Tarnung nicht durchschaut: In Wirklichkeit ist sie die Stahlkönigin Christa Menges und die zweitreichste Frau des Landes. Als der Galan auf besonders infame Weise ermordet wird (er macht im Bubbelbad die ebenso flüchtige wie tödliche Bekanntschaft mit einer Killerqualle) ist Christa selbstredend höchst verdächtig. Allerdings war sie nicht die einzige, der Wiktor den Hof gemacht hat. Der wiederum ist nicht der einzige Tote: Kurz zuvor ist ein notorischer Jungganove mit seinem Moped verunglückt. Ein Blick genügt Pfarrer Braun (Otfried Fischer) allerdings, um zu erkennen, dass dies kein Unfall war; nun muss der Gottesmann bloß noch den Zusammenhang zwischen den beiden Morden finden.

Die Geschichte von Cornelia Willinger und Stephan Reichenberger ist offenkundig unter dem Eindruck der Finanzkrise entstanden; jedenfalls ist sie in den Dialogen gerade der betuchten Kurgäste ständiger Gesprächsgegenstand. Hübscher ist hingegen der Einfall, mit dem die Kirche dem Spendenrückgang begegnen will: In den Gotteshäusern sind Automaten für den bargeldlosen Zahlungsverkehr aufgestellt worden. Da sich Sonja Hansen als besonders eifrige Spenderin erwiesen hat, schickt Bischof Hemmelrath (Hans-Michael Rehberg) seinen Adlatus Mühlich nach Usedom, damit er diese Quelle noch ergiebiger sprudeln lässt. Das ist vor allem deshalb eine gute Idee, weil kaum jemand seine Gesichtszüge so schön entgleisen lassen kann wie Gilbert von Sohlern. Und da Mühlich als Ersatz für Brauns Haushälterin (Hansi Jochmann) einspringen muss, die sich eine Wellness-Auszeit gönnt, hat von Sohlern viel Gelegenheit für seine unnachahmliche Gesichtsakrobatik. Da stört es dann auch nicht weiter, dass Peter Heinrich Brix (als unfähiger Kommissar) mit seiner Brachialkomik das exakte Gegenteil eines subtilen Humoristen ist. Insgesamt ist „Kur mit Schatten“ eher eine der besseren „Pfarrer-Braun“-Episoden – für die Zielgruppe 60 plus.

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Reihe

ARD Degeto

Mit Ottfried Fischer, Hansi Jochmann, Eleonore Weisgerber, Peter Heinrich Brix, Gunter Berger, Tilo Prückner, Hans-Michael Rehberg, Nicki von Tempelhoff, Monika Peitsch, Gilbert von Sohlern

Kamera: Randolf Scherraus

Szenenbild: Michael Möldner

Schnitt: Dagmar Pohle

Produktionsfirma: Polyphon

Drehbuch: Stephan Reichenberger, Cornelia Willinger

Regie: Wolfgang F. Henschel

EA: 08.04.2010 20:15 Uhr | ARD

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