Paule und Julia

Marlon Kittel und Oona Devi Liebich. Zwei Welten, die nichts voneinander wissen

Foto: MDR / BR / Ziegler Film
Foto Rainer Tittelbach

Keine Kaufhauskasse, keine Handtasche sind vor dem 15-jährigen Paule und seinem 12-jährigen bosnischen Freund Arnel sicher – bis sich der Ältere in ein “Opfer” verliebt. “Paule und Julia“ ist weder reinrassige Milieustudie noch “cooler” Genrefilm. Es geht um die “Berührung zweier Welten, die wie unabhängig existieren und kaum voneinander wissen”, so Torsten Löhn. Spannender, psychophysisch starker “Milieufilm“ eines Seiteneinsteigers.

Sie sind noch Kinder, lungern auf Straßen und an Bahnhöfen herum, weil sie kein Zuhause haben oder es dort nicht aushalten. In Berlin sind solche Schicksale keine Seltenheit. Oft arbeiten die Kids für Mafia-ähnliche Organisationen. Der Debütfilm von Torsten Löhn erzählt von dem 15-jährigen Paule und seinem 12-jährigen bosnischen Freund Arnel. In der Gegend um den Alexanderplatz haben sie ihr Jagdrevier. Keine Kaufhauskasse, keine Handtasche sind vor ihnen sicher. Als der Ältere sich in eines ihrer “Opfer” verliebt und der Jüngere eine kostbare Kunst-Ikone klaut, bringt das die beiden Jungen in eine ausweglose Situation.

“Anstoß für den Film war die Begegnung mit einem jugendlichen Kriminellen”, so der 40-jährige Löhn, der sich über das Studium der Filmwissenschaft, der Denkmalpflege und der Filmregie sowie über die Arbeit als Restaurator, Aufnahmeleiter und als Tonmann zu seinem ersten Film vorgewagt hat. Auch wenn die Helden noch jung sind, dem Film merkt man an, dass ihn kein frischgebackener Hochschulabsolvent gemacht hat. Nicht die häufige Debütanten-Selbstbespiegelung findet man hier, und “Paule und Julia“ ist weder reinrassige Milieustudie noch “cooler” Genrefilm. Es geht um die “Berührung zweier Welten, die wie unabhängig existieren und kaum voneinander wissen”, so Torsten Löhn. Da ist Paule (Kittel) und mehr noch sein bosnischer Freund (Taci) – tagtäglich kämpfen sie ums Überleben. Und da ist die gelangweilte Julia (Liebich), die höhere Töchter von der vermeintlichen Sonnenseite des Lebens. Da kommt Paul, der ihr ein wenig Nervenkitzel verspricht, gerade recht. Zunächst – dann will sie Paul aus dem Milieu los eisen. Doch hart sind die Gesetze der Straße.

“Paule und Julia” ist ein dunkler Film, der kein Happy End in Aussicht stellt, sich aber weder am Elend seiner Helden weidet, noch den Zuschauer völlig hinunter zieht in den Strudel ihres Leids. Löhn hat die richtigen Gesichter gewählt. Und dazu Bilder, die dem Film seine psychophysische Glaubwürdigkeit geben und ihn für einen “Milieufilm“ ungemein spannend machen: wie die Helden so sprunghaft agiert auch die Kamera. Sein Gespür für Rhythmus, das ihn unter anderem entscheiden ließ, der Geschichte nur 80 statt 90 Minuten Zeit zu geben, das macht das Talent dieses nicht mehr jungen Debütanten aus. (Text-Stand: 21.10.2004)

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Kinofilm

MDR

Mit Marlon Kittel, Oona Devi Liebich, Arnel Taci, Karina Fallenstein, Oliver Stern, Martin Semmelrogge

Kamera: Frank Amann

Schnitt: Nicola Undritz

Musik: Lars Löhn

Produktionsfirma: Ziegler Film

Produktion: Nanni Erben

Drehbuch: Christoph Roos, Torsten Löhn

Regie: Torsten Löhn

EA: 21.10.2004 23:00 Uhr | ARD

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