Paradies in den Bergen

Ursula Buschhorn, Schir, der MDR und die Feld-Wald-Wiesen-Freiheit-Ideologie

Foto: MDR / ORF / Steffen Junghans
Foto Rainer Tittelbach

Ein Asthmaanfall des Sohns wird zum Hilfeschrei, den nur die Mutter vernimmt – und in den gesunden Bergen zu neuen Ufern aufbricht… “Paradies in den Bergen” ist eine grob gestrickte TV-Romanze, die kein Klischee auslässt, um ihrer Feld-Wald-Wiesen-Freiheit-Ideologie einen wirkungsvollen Nährboden zu geben. Schir als Alm-Ösi, Buschhorn als schnurrendes, Lanz als fauchendes Kätzchen. Ganz nett: die Kritik an den modernen Umgangsformen.

Der Mann hat nur seine Geschäfte im Kopf. Die Frau hetzt von einem Termin zum nächsten. Da wirkt ein Asthmaanfall des Sohns wie ein Hilfeschrei. Und natürlich ist es die Mutter, die zur Stelle ist und mit dem Zwölfjährigen in die Berge fährt. Hier erfährt sie recht schnell, was wirklich zählt im Leben. “Paradies in den Bergen” ist eine grob gestrickte TV-Romanze, die kein Klischee auslässt, um ihrer Feld-Wald-Wiesen-Freiheit-Ideologie einen dramaturgisch wirkungsvollen Nährboden zu geben.

Auf der Alm beim Öko Johannes Assamer da gibt’s koa Sünd, und im Tal bei den Bauerntölpeln, die mit einer Sommerrodelbahn die Piefkes locken wollen, da geht’s zu wie im Intrigenstadl. Und die Stadt ist ohnehin das Letzte: Degenerierung pur. Dass ausgerechnet Heldin Katja von ihrem stets abwesenden Gatten den Name Stern bekommt, ihre trendgeile Chefin Berger heißt und ihr Johannes beim Besuch in Leipzig lästert, “hier sieht man ja nicht einmal die Sterne” – was wollen uns damit wohl die Drehbuchautorinnen Konstanze Breitebner und Annette Hess sagen?! Und auch in der Erotik setzt der Film von Regie-Routinier Hartmut Griesmayr auf klare Zeichen. Bürgermeisterin und Hotelbesitzerin Marianne Diringer, die es auf den Assamer abgesehen hat, ist im Gegensatz zur blonden Leipzigerin Katja Stern ein in jeder Hinsicht dunkler Typ. Eine fauchende Katze, die den Kampf sucht. Doch der Sympath von der Alm, den Bernhard Schir als kultivierten Naturburschen im Janker gibt, steht mehr auf das schnurrende Kätzchen, das wohlig miaut, als es in Person Ursula Buschhorns dessen Permakultur ansichtig wird.

Das ist alles viel zu dick aufgetragen. Selbst für den, der sich gern über die Unmenschlichkeit des tagtäglichen Seins belehren lässt. Denn was dran ist ja schon an dieser Kritik an den Umgangsformen. Wenn Telefonate zwischen Ehepartnern nur noch geführt werden, um Organisatorisches mitzuteilen, wenn das Willkommensdinner vom Party-Service geliefert wird, wenn man selbst noch in den österreichischen Alpen stets online ist und das Handy auf Empfang steht. Lebens- und Liebesqualität sieht anders aus. Solche Details kennt jeder. Und genau mit solchen banalen Alltags- und Beziehungs-Bezügen versuchen die Autorinnen den Zuschauer zu ködern. Doch in “Paradies in den Bergen“ kommt diese Zivilisationskritik von unten viel zu bemüht daher. Und überhaupt, “Die Schwarzwaldklinik“ hat es vor fast 20 Jahren schon besser verstanden, diesen “Realismus“ im Umgang in ein harmonieträchtiges Illusions-Szenario von einer besseren Welt einzubetten. (Text-Stand: 5.5.2004)

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Fernsehfilm

MDR

Mit Ursula Buschhorn, Bernhard Schir, Michael Lesch, Elisabeth Lanz, Herbert Fux, Ina Rudolph, Christine Reinhardt

Kamera: Peter H. W. Tost

Musik: Joe Mubare

Produktionsfirma: Satel Film

Drehbuch: Konstanze Breitebner, Annette Hess

Regie: Hartmut Griesmayr

EA: 05.05.2004 20:15 Uhr | ARD

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