Die Flitterwochen fallen flach. In der Asche des Freudenfeuers, mit dem Klaasen und Weller am Vorabend ihre Vermählung am Strand feierten, kokelt ein menschliches Skelett vor sich hin. Die schnell als Mordopfer identifizierte Leiche zwingt das Paar zurück in den Dienst. Mit Hochzeits-Deko am Wagen fahren sie bei den Verdächtigen vor. Ganz nach dem etablierten Konzept der Reihe geht es um drei, vier Kandidaten, nach denen das Kripo-Team nicht lange suchen muss. Jedes Gespräch bei dem einen führt ohne Umwege zum nächsten. Besonders knifflig ist das nicht. Etwas mehr Geheimnis könnte der zweite wiederkehrende Moment der Ostfriesenreihe bringen: Es sind eingeschobene Visionen, in denen Ermittlerin Klaasen gedanklich zu Tatort und Tatzeit zurückkehrt, um die Verdachtsmomente in der Realität mit ihrem Bauchgefühl abzugleichen.
Regisseur Marcus O. Rosenmüller kleidet diese Visionen in nächtlich-unscharfe Bilder. Darüber hinaus sprechen sie keine eigene Sprache. Während Klaasens Visionen weibliche Empathie illustrieren (und mehr eben nicht), frönt Kripo-Kollege Rupert (Barnaby Metschurat) in der realen Welt einmal mehr seiner Ruppigkeit. Vom Testosteron getrieben, liegt es an dem soliden Frank Weller (Boris Erdmann), seinen Kollegen im Zaum zu halten. Das gelingt nicht immer und das soll es auch nicht. Der leicht tumbe Rupert bringt Action und piff-paff-puff ins Spiel. In dieser Konstellation kommt das Kripo-Trio aus Aurich einem Serientäter auf die Spur, der vor Grausamkeiten nicht zurückschreckt, falsche Fährten legt und – das dritte Standard-Moment der Reihe – Ann Kathrin Klaasen gefährlich nah kommt. Ihre private Verstrickung in den Fall baut sich über Sohn Eike (Laurids Schürmann) auf. Spätestens wenn der dem vermeintlichen Täter (leise und gut: Patrick von Blume) gegenübersteht, weiß man, worauf das Finale hinausläuft.
Soundtrack:
Johnny Cash („If you could read my mind“), Albert Hammond („It Never Rains in California“), Blur („Song 2“), Frank Sinatra („Strangers in the Night“), Iron Maiden („Children Of The Damned“), Mothers Finest („Baby Love“)
Regisseur Marcus O. Rosenmüller („Der Taunuskrimi“, „Helen Dorn“) baut besondere Momente sparsam in den Handlungsablauf ein. Dazu gehören Klaasens wiederkehrende Visionen, einige Aufsichten aus der Drohnenperspektive und eine Kamera, die sich gegen Ende der Handlung immer näher an Gesichter herantastet. Eine Verhörszene unter Druck gewinnt durch ein Schattenspiel, dass dank Oberlicht beide Kontrahenten in einem Gitternetz gefangen hält. Ähnlich besonders eine nächtliche Unterhaltung zwischen Täter und Ermittler Erdmann, in der die Kamera mit Perspektiven aus der Auf- und Untersicht arbeitet. Draußen dagegen ist Ostfriesland nach bekanntem Muster in Szene gesetzt: Backsteinwände und Kopfsteinpflaster, Schafe, Strand und Windräder. Watt und Deich werden in „Ostfriesenfeuer“ nicht bespielt. Die Weite des Nordens liefert diesmal nur den Horizont, vor dem ein relativ unspektakuläres Trio seinen neuen Fall zu einem guten Ende bringt. Der Täter ist überführt und ein Sohn lässt sich endlich wieder ohne Murren in den Arm nehmen. Das eine ist für den Ostfriesenkrimi so wichtig wie das andere. (Text-Stand: 22.4.2023)
Foto: ZDF / Sandra Hoever