„Was gibt es über mich schon zu erzählen: Mein Leben ist zum Kotzen!“, sagt Polizist Schneider zu seinem Sohn, dem es auch nicht besonders gut zu gehen scheint mit der Scheidung seiner Eltern. Wenig später sieht man, wie sehr dieser Schneider durch den Wind ist. Das Resultat: eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch, eine wegen Körperverletzung und der obligatorische Samstagnachmittag mit dem Sohn ist bis auf weiteres ersatzlos gestrichen.
Grund genug, sich in Selbstmitleid zu suhlen. Als dann auch noch rumänische Straßenkinder in sein Hochhausappartement einbrechen und Fernseher und Anlage mitgehen lassen, liegen die Nerven völlig blank. „Im Moment habe ich das Gefühl, dass mich alle verarschen.“ Doch nicht mit Klaus Schneider! Und so heftet er sich an die Fersen des 13-jährigen Klau-Kid Sherban. Je mehr Einblick er in das Leben der Straßenkinder bekommt, umso mehr verlagert sich seine Wut von den strafunmündigen Handlangern weg auf die Hintermänner. Er nimmt den Jungen unter seine Fittiche, entwickelt Vatergefühle für ihn, möchte ihn und dessen kranke Schwester rausholen aus dem Milieu der Tagediebe.
Ein Mann, dem sein Existenz nach vermeintlich guten Jahren plötzlich völlig aus dem Ruder läuft, trifft auf einen, der sehr viel früher gestrandet ist, der nichts anderes kennt als ein Leben im Ausnahmezustand. Durch den Jungen bekommt das Leben des von der Ex-Frau finanziell arg gebeutelten Ehemanns am Rande des Nervenzusammenbruchs plötzlich wieder einen Sinn. So simpel auch die Psychologie der Geschichte und so durchschaubar die Dramaturgie sein mag – andere Dinge springen ins Auge: es sind die stillen Momente zwischen Vater und (Ersatz-)Sohn, Die Augen-Blicke der Verzweiflung, die Übersprungshandlungen, die Tränen, das ausgelebte Testosteron, das Wechselspiel zwischen Ohnmacht und Annäherung.
Das Regie-Debüt des Producers und Drehbuchautoren Tobias Stille wirkt in seiner scheinbaren Formlosigkeit beängstigend realistisch. Martin Brambach besticht als menschliche Zeitbombe, die sich selbst entschärft, und der Schauspieler bestätigt seine beständige Klasse. Wann bekommt der 42-jährige gebürtige Dresdner endlich die Rollen, die er verdient?!