Oh Tannenbaum

Günther Maria Halmer & Jutta Speidel auf Dickens Spuren: Christmas im Penthouse

Foto: Degeto / Reiner Bajo
Foto Tilmann P. Gangloff

„Oh Tannenbaum“ ist eine gut konstruierte, lebenskluge Ensemblegeschichte, deren Figuren vom Schicksal an einem Ort zusammengeführt werden: im Penthouse eines Misanthropen und Weihnachtsekels. „Oh Tannenbaum“ erzählt eine heitere, herzerwärmende Geschichte mit Schauspielern, denen man gern zuschaut. Der von Matthias Tiefenbacher gekonnt leicht inszenierte Weihnachtsfilm lebt von starken Kontrasten und Günther Maria Halmer!

Günther Maria Halmer darf alle Register eines Misanthropen ziehen, dem das Fest der Liebe ein Gräuel ist, weil er schon seit Jahren keine Liebe mehr erlebt hat. „Oh Tannenbaum“ ist eine Ensemblegeschichte: Im Berliner Wohnhaus des grimmigen Anwalts Wagner ist ein Wasserrohr gebrochen. Weil die unteren Etagen unter Wasser stehen, flüchten die Bewohner mit Sack, Pack und Weihnachtsbaum in Wagners Penthouse. Der ruft prompt die Polizei, doch Mieterin Rita tischt den Beamten ein derart dreistes Märchen auf, dass sie voller Verständnis wieder abziehen. Obwohl der Griesgram sein Bestes versucht, sind seine Mitmenschen nett zu ihm. Widerwillig taut er dank Ritas Hartnäckigkeit nach und nach auf. Sie bringt ihn sogar dazu, für eine alleinerziehende Mutter dreier Kinder den Weihnachtsmann zu spielen. Einmal beseelt, holt er auch noch einen lebensmüden jungen Mann vom Dach.

Geschickt versieht das Drehbuch die verschiedenen Figuren mit biografischen Details, die im Verlauf der Geschichte eine entscheidende Rolle spielen: David (Lucas Gregorowicz) liebt Stevie, ein männliches Model (Hyun Wanner), doch der hat eine Affäre. Rita wartet auf den Bericht einer Blutuntersuchung. Mutter Ingrid (Kyra Mladeck) will zu ihrer Tochter ziehen, traut sich aber nicht, mit der Wahrheit herauszurücken. Diese Dinge kommen immer wieder mal andeutungsweise zur Sprache – Rita wartet auf eine Nachricht des Kurierdienstes, Stevies Telefon klingelt, Ingrid hat erstaunlich viele Schuhe für einen Weihnachtsbesuch im Gepäck – und verschlingen sich zu einem unlösbaren gordischen Knoten.

Oh TannenbaumFoto: Degeto / Reiner Bajo
Rita (Jutta Speidel) bleibt hartnäckig. So gelingt ihr die Läuterung des Stinkstiefels.

Am Ende bleibt dann keine Zeit mehr, um die einzelnen Stränge aufzulösen, weshalb es plötzlich alles ein bisschen schnell gehen muss: Der Laborbefund ist negativ (also eine gute Nachricht), David und Stevie sind wieder versöhnt und Ingrid hat gebeichtet. Noch flotter wird Wagners Lebensgeschichte nachgereicht. Das wiederum ist geschickt eingefädelt. Während man sich noch wundert, dass der abendliche Kurier von Oliver Mommsen gespielt wird, stellt sich raus: Der junge Mann ist der Sohn vom alten Miesepeter und einst im Zorn geschieden, weil er Wagner die Schuld am Krebstod der Mutter gab; seither ist der Alte verbittert. Der Zehn-Jahres-Graben aber ist dank eines gemeinsamen Blicks ins Fotoalbum im Nu überbrückt, und weil irgendwann auch Ritas Tochter Sophia reinschneit, gibt’s sogar ein romantisches Happy End. Außerdem entpuppt sich Bote Sebastian, dem sein Vater vorwirft, er habe nichts aus sich gemacht, als promovierender Politologe; und Sophia, die in einer Tankstelle jobbt, ist eigentlich Juristin und darf Wagner ihre Bewerbungsunterlagen schicken.

Fazit: „Oh Tannenbaum“ erzählt eine heitere, herzerwärmende Geschichte mit Schauspielern, denen man gern zuschaut. Der von Matthias Tiefenbacher gekonnt leicht inszenierte Weihnachtsfilm lebt vom Kontrast zwischen dem Weihnachtsphobiker und seiner Umgebung. Mag sein, dass die Rolle für Halmer keine großartige Herausforderung darstellt, zumal er gerade in den Degeto-Freitagsfilmen ohnehin immer als schlechtgelaunter Grantler besetzt wird; aber diesen mürrischen Sauertopf spielt er perfekt.

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Günther Maria Halmer, Jutta Speidel, Kyra Mladek, Johanna Christine Gehlen, Oliver Mommsen, Lucas Gregorowicz, Justus Kammerer

Kamera: Pascal Mundt

Szenenbild: Matthias Klemme

Produktionsfirma: AllMedia Pictures

Drehbuch: Christoph Mattner

Regie: Matthias Tiefenbacher

EA: 07.12.2007 20:15 Uhr | ARD

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