„Single Bells” war vor zwei Jahren die große Überraschung zur Weihnachtszeit. Eine bissige Familiensatire, eine Wohltat im rührselig-tränendrüsigen Fernseh-Einheitsbrei. Weil selten die Chemie zwischen Ösis und Piefkes so stimmte und den Film von Ulli und Xaver Schwarzenberger auch noch über fünf Millionen Zuschauer allein in Deutschland sehen wollten, entschied man sich bei ORF und Bayerischem Rundfunk für eine Fortsetzung: “O Palmenbaum”. Der blanke Familienhorror diesmal nicht unter dem heimischen Nadelgewächs, sondern zwischen Cocktail, Hautausschlag und Tauchgang im paradiesischen Mauritius.
Kati und Jo wollen nun doch heiraten. Allein, weit weg von der Heimat, ohne die bucklige Verwandtschaft. Als Termin hat das Yuppie-Pärchen Weihnachten gewählt, um auch noch dem alljährlichen Festtagsfamilienchaos zu entgehen. Weil aber doch einer nicht den Mund halten kann, finden sich dann doch alle wieder ein unterm karibischen Palmenbaum. Lange Gesichter, ein entnervtes Stöhnen – und alles ist wieder beim Alten: lebenserfahrene Frauen werden wieder zu Töchtern, der gestandene Ehemann zum Buberl. Die Alten sind penetrant und einsam, die Jüngeren nur noch gestresst und die Kids einfach nur unverschämt.
“Es sind Situationen, die jeder kennt”, sagt Ulli Schwarzenberger. Nach “Single Bells” hätten ihr viele gesagt, so ging es bei ihnen auch zu an Festtagen. Familie fördere gewisse Verhaltensmuster zu Tage, kitzle bestimmte Widersprüche hervor. “Es muss aber nicht alles immer so entsetzlich tragisch sein”, betont Schwarzenberger. “Ich versuche in den beiden Geschichten eher, das Komische herauszukitzeln und die Verletzungen nur leise anzudeuten.” Kleine Seitenhiebe gegen den Zeitgeist will sie sich nicht verkneifen. Sie zeigt eine Familie, die nur ein Mal im Jahr zusammenkommt, zeigt Eltern und Kinder, die sich nur noch um sich selber drehen. Die Familie ist tot – es lebe die Familie!
Xaver Schwarzenberger ist der Ehemann der Autorin und seit Jahren Österreichs bekanntester Regisseur. Früher war er Kameramann von Rainer Werner Fassbinder. Noch heute übernimmt er bei seinen Filmen beides, Regie und Kamera. “Es kommen ja heute nur noch wenig gute Drehbücher”, sagt er, da war das Talent seiner Frau ein Segen. “Es geht alles sehr uneitel zwischen uns vonstatten, ein wirklich gut funktionierendes System.” Beziehungskomödien wie “Stella di Mare” oder “Vino tanto”, mehr oder weniger tiefgründig, sind beider Spezialität. Und bei den Schwarzenbergers fühlen sich viele Schauspieler heimisch, ob sie nun Christiane Hörbiger, Friedrich von Thun oder Senta Berger heißen. Auch für “O Palmenbaum” fand sich das gesamte Team von “Single Bells” zwischen Gaudi & Satire wieder ein: Martina Gedeck, Gregor Bloéb, Johanna von Koczian und der Österreichs Vorzeigeschauspieler und -kabarettist Erwin Steinhauer. (Text-Stand: 27.12.2000)