Das aufstrebende Schlagersternchen Juli (Vanessa Mai) und die deutsche Rocklegende Wim (Axel Prahl) haben eines gemeinsam: ihr musikalisches Talent – und die Gene. Kontakt zueinander haben die beiden aber schon lange nicht mehr. Für die aktuelle Charts-Stürmerin ist ihr Vater gestorben, seitdem er sich vor Jahren aus dem Familienleben ausgeklinkt hat. Dass sie jetzt langsam wieder zueinander finden hat einen tragischen Hintergrund: Juli hat eine Nierenerkrankung nicht nur auf die leichte Schulter genommen, sondern auch vor ihrer Managerin (Elena Uhlig) geheim gehalten. Jetzt kann nur noch eine Transplantation ihr Leben retten. Ihr Vater, der mittlerweile dem Alkohol und den Drogen abgeschworen hat, käme als Spender in Frage. Er scheint auch nicht mehr der selbsternannte „Arsch“ zu sein, der er einmal war. Und natürlich würde er seiner Tochter eine Niere spenden. Denn er weiß: Er hat einiges wiedergutzumachen. Die Zeit, die die beiden bis zur OP miteinander verbringen, lässt sie ihre gemeinsame Liebe zur Musik erkennen, ihre Treffen reißen aber auch alte Wunden auf. Da ist die Erinnerung an die tote Mutter und Geliebte und an die vielen Fehler, die man begangen hat und nicht mehr rückgängig machen kann. Für Juli kommt noch ein anderes Problem hinzu: Wie kann sie ihre Krankengeschichte weiterhin vor ihrem Management und der Öffentlichkeit geheim halten? Und kann sie das Risiko eingehen, vor der Transplantation noch eine Tournee zu machen? Ihr Arzt Mateusz Tauber (Ferdinand Seebacher) rät ihr dringend davon ab.
Foto: Degeto / Hendrik Heiden
Fernsehfilme mit Musikern haben Konjunktur. Zumindest bei der ARD-Degeto. Präsentiert wurden sie 2019 vornehmlich als Komödien, die mal eher mittelmäßig wie „Camping mit Herz“ oder „Bingo im Kopf“ funktionierten und mal großen Spaß machten wie „Echte Bauern singen besser“. Im Melodram-Modus versuchte es vor einem knappen Jahr „Song für Mia“. Der Film schlug sich für seinen hierzulande nicht mehrheitsfähigen Pop-Melo-Romanzen-Genre-Mix ästhetisch achtbar, erreichte allerdings nur 2,34 Millionen Zuschauer. „Nur mit dir zusammen“ dürfte da trotz ähnlicher Tonlage ein weitaus größerer Erfolg beschieden sein. Denn erstens ist die Geschichte zwischen dem abwesenden Vater und der verlorenen Tochter mit ihren universalen Gefühlslagen anschlussfähiger für den Zuschauer, zweitens bringt es der Film von Stefan Bühling („Das Wichtigste im Leben“) auf zwei Liebes-Geschichten, die dramaturgisch geschickt miteinander verknüpft sind, und drittens besitzt dieses Premium-Movie am Samstag zwei echte Hingucker, die sich auch Live-haftig hören lassen können: Da ist Vanessa Mai (27), eine attraktive Sängerin zwischen Schlager und Pop, deren beiden Nummer-1-Alben („Regenbogen“ war 38 Wochen platziert) auf eine beachtliche Fan-Gemeinde schließen lassen, und da ist Axel Prahl, dessen Thiel Deutschlands einschaltquotenträchtigster TV-Kommissar ist und der auch in anderen launigen Rollen Sympathiepunkte sammelt wie zuletzt in „Gloria, die schönste Kuh meiner Schwester“. Dass auch er Musik macht und es auf mehrere CDs gebracht hat, dürfte sich herumgesprochen haben. Alle Songs, die im Rahmen der Filmhandlung gesungen werden, stammen aus seiner Feder. Er und Mai greifen auch zur Gitarre, sie fingert weich, und er mit hartem Anschlag.
Foto: Degeto / Hendrik Heiden
„Authentizität“ hat auch eine große Bedeutung für die Charaktere. Für Prahls Rock-&-Roller alter Schule ist sie das A&O für seine musikalische Identität. Die professionell vermarktete Juli kann von dieser „Echtheit“ nur träumen. Sie muss nach außen jemand sein, der sie nicht ist. Ihr Leben ist verplant, sie darf keine eigenen Songs veröffentlichen, und das Sagen hat ihre Managerin, die Elena Uhlig als realitätsnahes Klischee angemessen Over The Top verkörpert. Natürlich wird hier der Mythos vom „ehrlichen“ Rock beschworen, und natürlich kommt der Plastik-Pop mit Glamour, Glitzer und Windmaschine weniger gut weg. Und der Hit, der die Sängerin an die Spitze der Charts katapultiert hat, ist ein Lied über ihren verstorbenen Vater. Alles Lüge also! Umso „wahrhaftiger“ hebt sich davon die emotionale Geschichte ab, die den Zuschauer zwischen Wohlfühlkicks und Tragik einem Wechselbad der Gefühle aussetzt. Das ist der ultimative Sinn eines Melodrams. Auch wenn es dieses Genre hierzulande nicht nur bei Kritikern schwer hat – so ist „Nur mit dir zusammen“ doch eine runde Sache: weil die Herz-Schmerz-Momente immer wieder humorvoll aufgelockert werden mit flockigen Sprüchen, weil das Showgeschäft-Gedöns sich nicht vordrängt, sondern einen stimmigen Hintergrund für die Handlung abgibt, weil die musikalischen Einlagen harmonisch integriert werden und weil sich der Plot mit seinen gedrechselten, aber notwendigen Wendungen auf zwei Hauptfiguren und eine tragende Nebenfigur beschränkt. Dieser Dritte ist der Arzt, der es nicht so mit Hitparadenmusik hat und der passend von Ferdinand Seebacher besetzt wurde, einem Schauspieler ohne jeden Glamourfaktor. Auch dramaturgisch ist das clever ausgedacht: Die Unehrlichkeit des Showbiz treibt die Heldin quasi in die Arme dieses unverstellten Mannes. Aber auch die Vater-Tochter-Story folgt nicht dem übliche Eiertanz bis zum Finale. Stattdessen findet die Versöhnung früh statt – und so bleibt genügend Zeit, die Familienbande gemeinsam in Musik zu transzendieren und damit die Gefühle noch zu potenzieren.
Foto: Degeto / Hendrik Heiden
Zur „Authentizität“ im Sinne einer glaubhaften Darstellung der Medien-Realität tragen auch die Auftritte der Heldin im Fernsehen, bei einem PR-Event oder auf der Konzertbühne bei. Selbst die Bekenner-Statements in zwei TV-Sendungen, wovon die eine sogar medienkritische Töne anschlägt, sind recht gelungen. Es ist auch eine gute Idee gewesen, die Show- und Videoclip-Ästhetik immer mal wieder auch innerhalb der Handlung einzusetzen. Denn Juli war für Mai die erste Filmrolle. Und auch wenn sie die „gespielten“ Szenen durchaus zu meistern weiß und ihr besonders in emotionalen Situationen eindrucksvoll die Tränen aus den hübschen Augen kullern, so ist sie noch überzeugender in den Momenten, in denen sie Show-Signale setzen kann: ein tausendfach geübtes Lächeln, das Spiel ihrer Augen, ein Schrei in den Abendhimmel oder tänzerische Ekstase auf dem Hochhausdach, auch wenn oder gerade weil eine solche Szene gegen die TV-Realismus-Logik verstößt. Und so funktioniert der Film ganz ähnlich wie der traurige Daddy-Song. Eigentlich eine Lüge. Vielleicht sogar Kitsch. Aber zugleich auch Projektionsfläche für verdrängte Gefühle. Anders als in Dramödien oder Komödien, die immer wieder spielerisch zum Erzählten auf Distanz gehen, können sie in einem Film wie „Nur mit Dir zusammen“ an die Oberfläche geschwemmt werden. So wie der Mann vom Abschleppdienst – der biografischen Unwahrheit zum Trotz – sich das Lied über den toten Vater sehr persönlich angeeignet hat. Da horcht selbst der Doktor auf, der zuvor noch oberflächlicher Popmusik jeden moralischen Sinn abgesprochen hatte.