Nord Nord Mord – Clüver und der tote Koch

Robert Atzorn, Wnuk, Brendler, Milberg, Kürten, Anno Saul. Sylt sehen und sterben

Foto: ZDF / Simon Vogler
Foto Tilmann P. Gangloff

Der vierte Fall für Clüver & Co. ist ein Krimi mit kleinen Mankos: Die Spannung hält sich in Grenzen, aber der Comedy-Faktor gleicht das wieder aus. Die Geschichte ist origineller, als sie auf den ersten Blick scheint, auch wenn der Schluss einige Fragen aufwirft, die ungeklärt bleiben. Unterhaltsam ist „Clüver und der tote Koch“ vor allem wegen der komödiantischen Einlagen von Oliver Wnuk. Die Musik ist bemerkenswert und Sylt einen Krimi wert.

Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass einige der berühmtesten Filme Alfred Hitchcocks, allen voran „Vertigo“ und „Psycho“, ohne die Musik von Bernard Herrmann einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Faszination einbüßen würden. Auch wenn es vermessen anmutet, einen schlichten Montagskrimi, der keine nennenswerten Spuren in der TV-Geschichte hinterlassen wird, in einem Atemzug mit den Klassikern zu nennen: Zumindest der musikalische Effekt ist ähnlich, zumal die Kompositionen von Fabian Römer und Steffen Kaltschmid immer wieder mal an berühmte musikalische Motive Hermanns erinnern.

Zweite große Stärke dieses vierten Films aus der Sylter Krimireihe „Nord Nord Mord“ ist das Drehbuch von Berno Kürten. Dabei ist die Geschichte gar nicht mal sonderlich originell. Erst wird ein Koch ermordet, dann eine Frau entführt, und es scheint offenkundig, dass der Täter in beiden Fällen der gleiche ist, zumal Josef Wenzel, Chef des Toten und Ehemann der Frau (Nadeshda Brennicke), von Axel Milberg verkörpert wird. Der legt den eifersüchtigen Restaurantbesitzer exakt so an, wie Gaststars im Reihenkrimi Verdächtige zu spielen pflegen: jovial, freundlich, leutselig; aber auch mit angedeuteter Abgründigkeit. Dass am Ende alles ganz anders kommt, ist zwar überraschend, wirkt aber wie aus dem Hut gezaubert und wirft einige Fragen auf, die trotz wortreicher Schlusserklärungen nicht beantwortet werden.

Das ist es schade, denn bis dahin gelingt es Kürten und Regisseur Anno Saul, der auch die beiden letzten Clüver-Krimis inszeniert hat, die Handlung weitgehend plausibel zu gestalten, selbst wenn einige Konstruktionen etwas abenteuerlich anmuten. Bestes Beispiel dafür ist die Lösegeldübergabe auf dem Meer, bei der die Polizei nach Strich und Faden reingelegt wird: Wenzel soll die Tasche mit dem Geld an einer Boje befestigen. Später ist die Tasche noch da, aber das Geld ist weg. „Taucher!“, schlussfolgern die Ermittler messerscharf, anstatt auf die naheliegende Lösung zu kommen. Trotzdem ist das Trio Robert Atzorn, Oliver Wnuk und Julia Brendler ein weiterer Grund, „Clüver und der tote Koch“ zu empfehlen. Gerade Wnuk gelingen in der Rolle des zugereisten Rostockers Feldmann, in der er ein breites Spektrum zwischen „nassforscher Besserwisser“ und „armes Würstchen“ beackern darf, einige schöne komödiantische Einlagen. Beste Clownschule ist beispielsweise eine witzige Slapstickszene, als Feldmann von Wenzel mit buchstäblich heruntergelassener Hose erwischt und übertölpelt wird. Sehr hübsch sind auch die Dialoge zwischen Feldmann und einer osteuropäischen Animierdame, die ihn nur deshalb mit Informationen versorgt, weil er verspricht, sie seinen Eltern vorzustellen. Noch besser sind die kleinen Verbalscharmützel zwischen Feldmann und der etwas boshaften Kollegin Behrendsen. Auch für den von Waldemar Kobus im Wortsinne verkörperten uniformierten Vierten im Bunde hat sich Kürten einige Heiterkeiten ausgedacht: Mal kippt der korpulente Polizist vom Rennrad, weil er die Füße nicht aus den Pedalen kriegt, mal verursacht er einen Koitus interruptus, als er in einem VW-Bus verdächtige Bewegungen wahrnimmt. Im Grunde sind Wnuk, Brendler und Kobus fast sehenswerter als die beiden alten Hasen Atzorn und Milberg, deren Figureninterpretation wenig überraschend ist.

Das gilt auch für Inszenierung und Bildgestaltung, selbst wenn Kameramann Moritz Anton („Neben der Spur – Amnesie“) die meteorologische und landschaftliche Vielfalt der Insel vom prachtvollen Sonnenuntergang bis zum stürmischen Schmuddelwetter in eindrucksvollen Bildern einfängt. Selbst beim Finale, als das Trio eine Flucht per Flugzeug vereiteln will, hält sich die Spannung in Grenzen, aber der Comedy-Faktor gleicht das Manko wieder aus.

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Reihe

ZDF

Mit Robert Atzorn, Oliver Wnuk, Julia Brendler, Waldemar Kobus, Axel Milberg, Nadeshda Brennicke, Rainer Strecker, Anne Weber, Friederike Linke

Kamera: Moritz Anton

Szenenbild: Thorsten Lau

Kostüm: Helmut Ignaz Meyer

Schnitt: Dirk Grau

Musik: Fabian Römer, Steffen Kaltschmid

Soundtrack: Aloe Blacc („I Need A Dollar“)

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Berno Kürten

Regie: Anno Saul

Quote: 6,05 Mio. Zuschauer (18,8% MA)

EA: 04.04.2016 20:15 Uhr | ZDF

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