Eine Edelprostituierte ist brutal erschossen und samt PKW in der Elbe versenkt worden. Als Hauptverdächtige kristallisieren sich ihr Zuhälter „Dicky“ und ein exklusiver Kunde heraus, Friedrich Otto Winterstein, Bankier und Baron in Personalunion. Beide sitzen sich in den ungemütlichen Räumen des Kriminaldauerdienstes ihren Hintern platt. Doch auch ein gefeuerter Kundenbetreuer von Wintersteins Privatbank könnte zu einem Mord fähig sein. Und er hatte Kontakt zur Toten. Jetzt bestellt er sich das zweite Callgirl: er lässt jene Marcella, die einst seine Kundin war, mit Dienstkittel den Boden wienern. Normal macht ihr das nichts aus, doch nicht zahlen und dann noch Russisch Roulette spielen wollen – das geht gar nicht!
Soundtrack: Zombies („Time of the season“), Nini Rosso („Il silenzio“), Lacrimas Profundere („And God’s Ocean“), Roxy Music („Is there is something“), Cat Power („Lost someone“)
Die Sonne geht unter über Hamburg. Die Gelbe des Gelbs leuchtet in den Anfangsbildern. Doch der Tag hat noch nicht seine Schuldigkeit getan. In Lars Beckers achter „Nachschicht“ spiegelt sich das Geschehen nicht wie gewohnt im regennassen herbstlich-winterlichen Großstadt-Asphalt. Die Nacht gehört der KDD-Einsatzzentrale und den Verhören, die dort munter abgehalten werden. Lange vor dem Showdown ist es schon wieder taghell. In seiner Gesamtanmutung ist „Tod eines Mädchens“ aber nicht unbedingt viel heller geraten. Becker wechselt in „Nachtschicht“ gern die Tonart. Bisher vornehmlich zwischen den Filmen, dieses Mal hat man den Eindruck, als wechsle er sie zwischen oder sogar in den Szenen.
Wie zuletzt „Wir sind die Polizei“ enthält der neue Fall zwischenzeitlich launige Passagen. Dietmar Bär und Kai Wiesinger bieten komische Versteckspiele und Barbara Auer, deren Teint vom sommerlichen Licht geküsst wird, ist extrem präsent – und ihr Tonfall ist köstlich süffisant. Aber das „Milieu“ bietet aus der Perspektive der Prostituierten, gepaart mit Angst, Romantik und existenzieller Nachdenklichkeit, auch die Möglichkeit zum Melodram, was der Film mindestens ebenso eindrucksvoll einlöst. Lisa Maria Potthoff macht ihrem Image als Lächel-Verweigerin alle Ehre und besticht als stolze und doch verletzliche Prostituierte Marchella und Armin Rohde glänzt durch seine unglaubliche Präsenz, doch im Gegensatz zu Auer mit ihrer lächelnden Ironie bleibt er im Ausdruck ernst. Das ist echte Team-Arbeit!
„Tod eines Mädchens“ ist außerdem ein Film der beredten Blicke und der markigen Sprüche. „Es gibt nichts, was es nicht gibt – und du kannst Menschen nicht in den Kopf schauen“, sagt Rohdes Erichsen. „Ich bin Frauenbeauftragter bei uns im Viertel“, darf mit einem breiten Grinsen Dietmar Bärs Zuhälter von sich geben. „Frau Hu – so was wie Müller auf vietnamesisch“, stellt sich Phan-Thi’s Mimi vor. Und es kalauert mitunter sogar: „Da muss man aufpassen wie ein Lachs“. Solche Sätze sind prägnant, ein Garant für Qualität sind sie nur, wo das „System“ stark genug ist, sie zu tragen. Das Gleiche gilt für den Genre-Mix, auf dem in der dramaturgischen Anlage ein Hauch französischen Film-Noirs liegt. Stichwort: „Der Kommissar und das Mädchen“. So was kann man mächtig versemmeln. Das System muss stimmen – und es stimmt. Wie? Warum? Weshalb? Mehr dazu vielleicht zu „Nachtschicht“ 9.