Mord in Ludwigslust

Kling, Waschke, Weisse, Schick, Kirchner, Wessel. Morde, „blühende Landschaften“

Foto: ZDF / Oliver Vaccaro
Foto Rainer Tittelbach

Ein Kommissar, der dem Tod seiner Geliebten, Typ Lulu, mit der Ex-Geliebten nachgeht und bald selbst unter Verdacht gerät – das ist Ausgangspunkt einer gelungenen Dorfkrimi-Variation. Der ZDF-Fernsehfilm „Mord in Ludwigslust“ ist ein klassisch klug und doch abwechslungsreich erzählter, bisweilen leicht schräger Krimi-Thriller, reich an Wendungen, versehen mit Rückblenden, nicht zu verschachtelt, nicht zu konstruiert. Die Besetzung ausgezeichnet. Am Ende dann doch mehr Krimi als deutsch-deutsches Drama?

Eine Frau liegt tot im barocken Brunnen von Ludwigslust. Ausgestellt, drapiert, zur Schau gestellt wie eine Puppe. Es handelt sich um Lulu Schuster, verheiratet mit dem Mäzen der kleinen Kreisstadt im Mecklenburg-Vorpommern. Eigentlich schien hier das Leben noch in Ordnung zu sein. Die Mordkommission ist sichtlich überfordert. Doch Verstärkung naht: Sophie Eichstätt, Analytikerin beim LKA Kiel, die eine überregionale Mordserie wittert, und Mark Condor, ein Kollege vom LKA-Schwerin. Ausgerechnet. Die beiden hatten vor zwei Jahren eine Affäre, an der beinahe die Eichstätt-Ehe kaputt gegangen wäre. Condor hat offensichtlich überall was am Laufen. Auch mit der Toten. Dummerweise am Abend vor ihrer Ermordung. Was er natürlich nicht sagt. Noch steht sein Sperma nicht unter Verdacht.

Mord in LudwigslustFoto: ZDF / Oliver Vaccaro
Wie war das Verhältnis von Lulu zu ihrer Schwägerin? Ist sie verdächtig? Ina Weisse

„Mord in Ludwigslust“ beginnt mit Bildern der norddeutschen Landschaft. Flach & herbstlich liegt sie da, ohne Leben, ohne Farbe. „Blühende Landschaften“? Weniger! Eher ein Hauch der Morbidität, die der Name Lulu verströmt in Anlehnung an Wedekinds Theaterkreatur, die zur Femme-fatale-Ikone aufstieg. „Alle, die mich lieben, sterben“, sagt sie dem Polizisten nach dem Sex. Eine Prophezeiung? „Lulu war die blühende Landschaft“, heißt es. Allen verdrehte sie den Kopf. Schon 1992, kurz nach der Wende, wo es für Condor nicht viel zu holen gab. Er war schon damals befreundet mit Wildfang Luise, mit Udo & dessen Schwester Rebecca. Sie machten es besser. Udo Schuster profitierte vom Aufbau Ost, mauschelte mit der Treuhand und besaß einen guten Draht nach Russland. In einer Kiesgrube fing alles an.

Ein Kommissar, der dem Tod seiner Geliebten mit der Ex-Geliebten nachgeht und bald selbst unter Verdacht gerät – das hat was und taugt als dramaturgischer Ausgangspunkt für eine gelungene Dorfkrimi-Variation. Aber es kommt noch dicker. Die Grundlage für die Geschichten um Lulu, den gehörnten Ehemann und ihren Tod reicht bis zurück in die deutsch-deutsche Nachkriegsgeschichte. „Diese Geschichten sind zwar fiktiv“, so Autor Thomas Kirchner, „aber sie basieren auf zeithistorisch-allgemeinen Wahrheiten.“ Im Rahmen eines Krimis, der auch in Sachen Optik und Ästhetik alle Register zieht (und das ist natürlich gut so), fragt es sich dennoch: wie viel von so einer Geschichte und ihren zeitgeschichtlichen Implikationen wahrgenommen werden, im Gedächtnis bleiben beim Zuschauer? Legt sich nicht doch am Ende der Spannungsbogen über alles? „Gesellschaftliche Themen verkleiden sich im Fernsehen oft als Krimi“, so Autor Kirchner. „Verkleidet“, ein treffender Begriff.

Mord in LudwigslustFoto: ZDF / Oliver Vaccaro
Mordakte Lulu. Die Affäre holt den Kommissar ein. Mark Waschke, Clemens Schick

Doch wollen wir nicht zu fundamentalkritisch werden! „Mord in Ludwigslust“ ist – für sich genommen – ein gelungener, klassisch klug und doch abwechslungsreich erzähltes, bisweilen leicht schräges Krimi-Thriller-Drama, reich an Wendungen, versehen mit Rückblenden, aber nicht zu verschachtelt, nicht zu konstruiert. Die Besetzung ist ausgezeichnet: jeder einzelne Schauspieler ist vortrefflich ausgewählt für die jeweilige Rolle, vor allem aber beeindruckt der Cast strukturell. Hier stehen sich die (guten) Schauspieler nicht auf den Füßen. Es ist ein vorzügliches Farbenspiel. Da kann man zwischenzeitlich als Zuschauer sogar vergessen, dass man sich in einem Kriminalfilm befindet. (Text-Stand: 16.1.2012)

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

ZDF

Mit Anja Kling, Mark Waschke, Ina Weisse, Clemens Schick, Peter Prager, Florian Bartholomäi, Michael A. Grimm, Lea Mornar, Volkmar Kleinert, Antje Westermann

Kamera: Judith Kaufmann

Szenenbild: Monika Nix

Kostüm: Susanne Witt

Schnitt: Tina Freitag

Soundtrack: Rolling Stones („Sympathy fort he devil“), The Drifters („Save the last dance for me“), Tom Waits („Jockey Full of Bourbon“), Prince („1999“)

Musik: Ralf Wienrich

Produktionsfirma: TeamWorx

Drehbuch: Thomas Kirchner

Regie: Kai Wessel

Quote: 6,13 Mio. Zuschauer (17,9% MA); Wh.: 4,85 Mio. (17,2% MA)

EA: 06.02.2012 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach