Finn Zehenders neuer Auftrag hat sich schnell erledigt. Jörg Albrecht, den er im Auftrag seiner Ehefrau Simone angeblich der Untreue überführen sollte, ist alles andere als ein Draufgänger – dafür ist der Mann, mit dem sich der brave Bankangestellte an einer einsamen Bushaltestelle trifft, wenig später tot. Erschossen von einem Profischarfschützen, angeheuert ebenfalls von der fürsorgenden Hausfrau. Offenbar benutzt sie Privatdetektiv Zehender nur als Alibi-Geber für ihren Gatten. 143 Euro für ein paar Fotos, die belegen, dass jener ängstliche Biedermann nichts mit dem Mord zu tun hat. Der hat keinen Schimmer von dem, was hier vorgeht – und engagiert seinerseits seinen vermeintlichen Lebensretter Zehender, damit er ihm den Killer vom Hals hält. „Finnilein“, unterstützt von seinen Liebchen, der Fast-Staatsanwältin Agnes Sonntag und der nicht minder anschmiegsamen Polizistin Karin Herzog, bekommt jede Menge zu tun, um diesen mörderischen Schwindel in Aschberg auffliegen zu lassen.
Understatement ist angesagt auch im vierten TV-Krimi mit Hinnerk Schönemann als Finn Zehender. Einerseits ist „Mord in Aschberg“ klar strukturiert und geradeaus an seiner Hauptfigur entlang erzählt, andererseits gönnt Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt der Krimihandlung immer wieder kleine absurde Zwischenspiele, in denen ein bisschen nachgedacht wird über das Leben und die Liebe im Allgemeinen und über das Mann- und Frausein im Besonderen oder in denen Zehenders Untermieter, Ex-Polizist Mühlfellner, ein Beispiel dafür gibt, wie man mit einer Kugel im Kopf zu einem Philosophen werden kann („Warum gibt es eigentlich flüssige Seife?“). Hinzu kommen Wortspiele („Früher war alles besser und aus Holz“) und Kalauer („Herr Felsenfest“), aber auch schön schräge Sätze, die selten Selbstzweck sind, sondern meist zur Charakterisierung beitragen. Da will Zehender mit dem Bankangestellten sprechen. Der verharrt & verweist auf die Uhr: fünf, vier, drei… 12.30 Uhr, „jetzt, Mittag“. Schön auch sein Satz über den Vater seiner Göttergattin: „Ich will nichts Böses über meinen Schwiegervater sagen. Er hat auch nicht viele Fehler. Das Problem ist nur: er ist ein Riesenarschloch.“ Und dieses Riesenarschloch lässt gleichsam aufhorchen: „Ein schlimmer Finger, dieser Thomas“, sagt er über den Killer und fragt seine Tochter im selben Atemzug, „warum hast du den nicht geheiratet?! – dann hättest du wenigstens einen Mann.“
Das Verhalten der Figuren ist oft lakonisch, filmisch werden viele Szenen ironisch zerdehnt, während es dann auch wieder ruckizucki gehen kann. Außerdem konterkariert Schmidt die handelsüblichen Genre-Klischees. In jedem herkömmlichen Krimi wäre der Banker-Stoffel der gehörnte Ehemann; hier, bei den Albrechts, steckt offensichtlich hinter „Bärchen“ und „Mausi“ wahre, aufrichtige Liebe. Und wenn nicht, dann ist es zumindest wunderbar anzusehen, mit welcher Selbstverständlichkeit die Spießerhausfrau von nebenan kurzerhand beschließt: „Der Buss soll weg“ oder „Der Zehender muss weg“. Aber auch die Art und Weise, wie sie ihre Vergewaltigung „hinnimmt“ (dafür erlässt ihr der Killer 30.000 €), das hat nichts mit Realität und Psychologie zu tun – da ist vielmehr Genre am Werk. Und wenn – wie in einer Szene – drei Parteien im Haus des Ermordeten nacheinander zusammenfinden, ohne aufeinanderzutreffen, dann geben sich Witz und Suspense ein vorzügliches Stelldichein.
Coole Komik gibt’s wie immer reichlich bei Schmidt, Imboden, Schönemann & Co. Ganz besonders Florian Lukas als Kunduz-Kämpfer, der auf so ziemlich alles zielt, was ihm vor die Flinte kommt, gibt dem Killer Zucker. Wer ihn des Wilderns bezichtigt, ist selber schuld („damit schießt man keine Tiere“). Auch die weiteren Gast-Schauspieler passen zur Mix-Tonlage von „Mord in Aschberg“, die Schönemann, Thieme und Danowski vorgeben: Stephanie Eidt als liebesbedürftige Polizistin, Julischka Eichel als ausgekochte „Mausi“, Peter Schneider als Angsthase, der in schwierigen Situationen reflexhaft seine Scheinchen zückt, und Aljoscha Stadelmann als cholerischer Kommissar („sonst verfüttere ich Sie an die Krokodile“). Und eines gilt ganz besonders auch für diesen Ironie-gesättigten Zehender-Krimi mit seinen vielen kultverdächtigen Momenten: Wiedersehen dürfte Freude machen!