Ein Mann verliert bei einem Autounfall sein Gedächtnis. Er, der ursprünglich einen anderen verfolgt, sieht sich nun selbst als Verfolgter seines eigenen „Zielobjekts“. Doch beide Männer scheinen nichts zu verstehen. Ist der Mann ohne Gedächtnis auf den so überaus nervös agierenden Krankenpfleger angesetzt? Soll er ihn vielleicht sogar umbringen? Vieles spricht dafür. Und warum ist der Pfleger von seiner Innsbrucker Klinik fristlos entlassen worden? Ausgerechnet in der Intensivstation dieser Klinik landet das Unfallopfer mit seinem Schädelhirntrauma und seinen Ängsten. Wenig später taucht auch noch die Freundin des Pflegers auf und behauptet, die Geliebte des Blackout-Patienten zu sein.
Nicht nur die Figuren, auch die Zuschauer tappen einige Zeit im Dunkeln in dem Sat-1-Thriller „Mord auf Rezept“. Die deutsch-österreichische Koproduktion von Isabel Kleefeld („Das Gespenst von Canterville“) baut die Geschichte eines Gedächtnisverlusts zunächst über Fragen auf. Erste Antworten in Richtung Machenschaften der Pharma-Industrie gibt es frühestens zur Halbzeit, doch bis dahin ist man längst gefangen in einem Netz aus Unfällen und Zufällen, aus Ahnungen und Mutmaßungen. Auch wenn sich die Hintergründe anfangs nicht verstehen lassen, so funktioniert doch die Handlung recht bald: Es ist vor allem die physische Präsenz der Schauspieler Tobias Moretti, Wotan Wilke Möhring und Jasmin Gerat, die einen mitgehen lässt. Man blickt in deren schmerzlich fragende Gesichter und will wissen, was für ein Geheimnis diese Menschen haben. In ihrer Zerrissenheit sind sie alles andere als typische Identifikationsfiguren, nur das große Können der Darsteller vermag es, Anteilnahme zu erzwingen und die Spannung wach zu halten. Das ist umso bemerkenswerter, zumal auch Kamera und Regie auf Distanz gehen und nie künstlich auf die Emotionstube drücken.
Foto: Sat 1 / Andreas Fischer
Dass Moretti im deutschsprachigen Raum zu Recht ein Star ist, weiß man spätestens nach zwei Grimme-Preisen und seinen letzten Theater-Großprojekten. Auch Wotan Wilke Möhring hat sich seit „Hast du Arbeit?“ zum Prototypen des Kumpels mit dem aufrechten Gang gespielt. Dass die ehemalige MTV-Moderatorin Jasmin Gerat da mithalten kann, das aber hätte man nicht unbedingt erwartet. Die 28-Jährige spielte zwar schon in „Nachtschicht“ beein-druckend uneitel, doch wie sie in „Mord auf Rezept“ ihre undankbare Rolle als die Frau zwischen zwei Männern interpretiert, das lässt verstehen, warum sich die Halbtürkin aus der Serie „SOKO Köln“ verabschiedet hat. Dabei hatte sie mit der Figur kein leichtes Spiel. „Eine richtig schwierige Rolle in einem richtig schwierigen Film“, bilanziert sie. Eigentlich liebt sie die Schauspielerei und hat das Moderieren schnell aufgegeben, weil sie sich nicht gerne „als Jasmin“ zeigt, sondern lieber in andere Rollen schlüpft. Es fiel ihr aber offenbar sehr schwer, ihre Franka zu verstehen. Warum bleibt sie bei einem Mann, der sie dauernd nur belügt? Warum zieht sie unter Lebensgefahr mit zwei durchgeknallten Männern durchs Innsbrucker Land? „Ich selbst wäre viel entschlossener gewesen“, sagt sie, „ich habe aber nach und nach für mich entdeckt, welche Gefühle Franka treiben und wie zerrissen sie eigentlich ist.“