Für Iris könnte es nicht schlimmer kommen. Kaum erholt von der Schmach, dass ihr Günther sie wegen einer älteren, weniger attraktiven Frau verlässt, muss sie auch noch erfahren, dass ihre 25jährige Tochter Sandra einen mehr als doppelt so alten Mann heiraten wird. Zwar handelt es sich dabei um den nicht unansehnlichen Schriftsteller Hans, zu dessen treuer Leserschaft Iris immerhin gehört – aber ihrer Tochter möchte sie das nicht antun. „Kind, überleg’ dir das gut, sonst hast du in 20 Jahren keinen Mann mehr, sondern einen Pflegefall.“ Noch ist es nur die Sorge um die Tochter… „Jetzt wird alles ausprobiert“, entschließt sich die brave Ex-Ehefrau und bändelt mit Hans’ Sohn Tobias an. Als Sugar-Daddy dann – aus Rücksicht vor Schwiegermutter Iris – die Hochzeit „verschieben“ möchte, löst das eine gewaltige Krise bei Sandra aus. Und alle denken nur noch an Sex oder…?
Hübsch geht sie los, die Trennungs-Mutter-Tochter-Wiederverliebungskomödie „Meine Tochter, ihr Freund und ich“. Beim Brillenkauf wird Iris 1% Rabatt für jedes Lebensjahr in Aussicht gestellt. 49% – ist das ein Grund zur Freude?! Doch schlimmer (und für den Zuschauer schöner) noch: Mit dem Gang zum Optiker erhält die Heldin in jeder Hinsicht einen neuen Durchblick. Mit dem albernen Sehstärkenmessgerät auf der Nase wird Iris des Ehebruchs ihres Göttergatten gewahr. Sie folgt dem Paar ins Kaufhaus, wo sie Augenzeuge der Belastungsprobe eines Wasserbetts wird. Loriot lässt grüßen, und die Tochter, die ihrerseits das Liebes- und Verfolgungsspiel ihrer Eltern beobachtet hatte, und den beiden nebst Papas neuer Gspusi in die Bettenabteilung gefolgt ist, erwidert den Gruß: „Mama? Papa?“ – „Was macht Ihr denn hier?“… Und die Nachbarin beantwortet alle Fragen ein für alle mal: „Wir schlafen miteinander, wir lieben uns.“ Selten wurde in einem Fernsehfilm eheliche Untreue schöner aufgedeckt und die Blindheit der Betrogenen ins Bild gesetzt.
Danach nimmt die Komödie ihren Gang – vorhersehbar, aber mit kleinen Irrungen und Wirrungen, Pointen und Spitzzüngigkeiten durchsetzt, dass es nichts ausmacht, wenn sich die Figuren zwischenzeitlich schon mal dümmer stellen müssen, als Menschen oder Fernsehfilm-Figuren in der Regel sind. Insgesamt stimmt die Melange aus Genrewitz und Beziehungs-Wahrheit. Andrea Sawatzki kann rollenmäßig da weitermachen, wo sie bei „Bella Vita“ / „Bella Australia“ aufgehört hat, und musste dialekttechnisch ihren Bayern-Slang aus „Klimawechsel“ nur leicht wienerisch einfärben (was nicht immer gelingt). Sie darf dem Affen Zucker geben, derweil sich Axel Milbergs Schriftsteller klug zurücklehnt und die anderen (scheinbar!) machen lässt. Im Mittelteil kämpfen die Autoren um die richtige Tonlage – Folge: die Komödie hängt etwas durch. Dafür entschädigt die letzte halbe Stunde mit derben Missverständnissen und verbalen Schlüpfrigkeiten. Was die Tochter als zügellosen Sex ihrer Mutter mit dem Sohn des Schriftstellers deutet, ist in Wirklichkeit ein Bandscheibenvorfall. Und der Satz „Nach dem Spritzen ist es ihr gleich richtig besser gegangen“ lockert die angespannten Gesichtszüge der Tochter keineswegs. Uli Brée und Gabriel Castaneda Senn nehmen das Boulevard-Genre beim Wort, und eine Moral von der Geschicht’ gibt es auch noch! (Text-Stand: 25.11.2012)