Kaum zu glauben, aber der bescheidene Titel ist das Beste an diesem dritten Film mit Diana Amft und Stephan Luca als ungleiches Paar, dass eine kochende Leidenschaft für einander entwickelt hat. Die erste Geschichte, „Meine Mutter ist unmöglich“, war eine sehenswerte romantische Komödie über einen Star-Koch und eine Köchin gutbürgerlicher Küche, deren Lebenswege sich aufgrund einer Verwechslung kreuzen. Die von Margarita Broich als patente Landfrau verkörperte Titelfigur war im Grunde nur eine Nebenrolle, rückte aber in der Fortsetzung „Meine Mutter spielt verrückt“ stärker in den Mittelpunkt: Mutter Heidi fühlt sich im gemeinsam von Rufus und Antonia betriebenen Lokal überflüssig und verliebt sich in einen Hallodri. Trotzdem stand der Film unter keinem guten Stern, weil er längst nicht mehr so originell und auch nicht weiter amüsant war.
Die Bewertung: für „Meine Mutter traut sich was“, den bisher schwächsten Film der Reihe, gibt es 2,5 Sterne, für „Meine Mutter will ein Enkelkind“ fette 3 Sterne
Teil drei, „Meine Mutter traut sich was“, wirkt endgültig wie eine anfangs köstliche, aber nach mehrfachem Aufwärmen mit zuviel Wasser verdünnte Sauce. Das Muster der Handlung orientiert sich am vielfach kopierten Schwiegereltern-Schema der Hollywood-Komödie „Meine Braut, ihr Vater und ich“: Toni und Rufus wollen heiraten. Der Vater, Carl (Walter Kreye), ist ganz in Ordnung, aber Mutter Luise (Sabine von Maydell) entpuppt sich als Schreckschraube, die nichts unversucht lässt, um die Hochzeit zu verhindern. Rufus hat ihrer Überzeugung nach etwas Besseres als die Landpomeranze Toni verdient: das ist tatsächlich die gesamte Geschichte. Während sich das bekannte Trio nicht spürbar weiterentwickelt hat, zieht Christian Pfannenschmidt, der auch die beiden anderen Drehbücher geschrieben hat, alle Register, die ihm beiden Elternklischees zur Verfügung stellen: Carl van Berg ist ein Schwerenöter, der noch aus einer Zeit stammt, in der sich eine gewisse Übergriffigkeit durch viel Charme kompensieren ließ. Im Film funktioniert das, weil Carl die sympathischste Figur der Geschichte und mit der Frau an seiner Seite gestraft genug ist; jedoch im wahren Leben würde ihm sein Verhalten umgehend den Vorwurf der sexuellen Belästigung einbringen.
Für die Gattin lassen sich dagegen keinerlei mildernden Umstände finden; Sabine von Maydell verströmt in ihrer ersten Fernsehfilmhauptrolle seit längerer Zeit nicht einen Hauch von Herzlichkeit. Natürlich leidet Luise unter der notorischen Flirterei ihres Mannes, weshalb sie den Glauben an die Institution Ehe verloren hat, aber das ist als Motiv für ihre Hochzeitssabotage viel zu schwach. Während das Drehbuch Carl aufs Stereotyp des Schürzenjägers reduziert, hat Luise ihr Heil in der Esoterik gesucht. Die Gespräche des Paars legen die Vermutung nahe, dass sie noch nicht lange auf diesem Trip ist, dabei lässt sie in einem Nebensatz fallen, dass sie bereits Mitte der Siebziger in Poona war. Die Älteren erinnern sich: In der indischen Stadt hat einst Bhagwan Shree Rajneesh seinen Ashram betrieben, ein buddhistisches Mekka für Aussteiger aus Europa und Amerika. Nichts läge Luise allerdings ferner als Sanftmut, was schließlich zu einer grotesk überhöhten und im Rahmen dieser Komödie komplett deplatziert wirkenden Kirchenschlägerei führt.
Soundtrack:
(1) The Supremes („You Can’t Hurry Love“), Cyndi Lauper („Girls Just Want to Have Fun”), Queen („Somebody To Love”), Bruce Springsteen („I Wanna Marry You”)
(2) Himesh Patel („Here Comes The Sun”), Sharon Jones & The Dap Kings („Nobody’s Baby”), Bonnie Somerville („Winding Road”), Rose Tattoo („Rock’n’Roll Outlaw”), The Clash („Shoud I Stay Or Shoud I Go”), Bruce Springsteen („You’ve Got It”)
Andererseits ist die Geschichte so übersichtlich, dass John Delbridge, der schon die erste Fortsetzung inszeniert hat, womöglich ganz froh darüber war, den Film auf diese Weise etwas strecken zu können. Neben dem Gift, das Luise verspritzt, besteht „Meine Mutter traut sich was“ größtenteils aus einem ständigen Disput zwischen Heidi und Toni: Die Mutter hat bereits bis ins Detail ein Fest mit 200 Gästen geplant, die Tochter möchte lieber eine kleine Feier. Weitere Handlungselemente sind die Wahl des Hochzeitskleides, bei dessen Vorführung Tonis Freundinnen völlig übertrieben in Tränen ausbrechen, sowie der Junggesellenabschied, in dessen Rahmen Rufus bei einem Trinkspiel bis zu den Ohren in einem großzügigen Dekolletee verschwindet; und dies selbstredend ausgerechnet dann, als zufällig Toni auftaucht. Endgültig zur Klamotte wird der Film durch die Aufwertung der Nebenfigur „HaJü“ (Nikolaus Benda): Tonis Ex-Freund hegt immer noch Hoffnungen und zeichnet sich nicht nur noch mehr als bisher durch einen tollpatschigen Umgang mit Redensarten und Fremdwörtern aus („eine Konifere auf dem Gebiet“), er muss auch mal von der Leiter fallen; das Humorniveau stammt direkt aus den Fünfzigern. Die einzige Figur, die kein Fleisch isst, ist selbstverständlich Spaßbremse Luise; auf diese Weise werden auch noch die Vegetarier diskriminiert.
Überraschenderweise gelingt es Pfannenschmidt, die Qualität mit dem vierten Film wieder zu steigern. Der Titel, „Meine Mutter will ein Enkelkind“, spricht für sich: Toni und Rufus haben zwischenzeitlich geheiratet, und Heidi findet, es sei höchste Zeit, an Nachwuchs zu denken. Der stellt sich schneller ein, als allen Beteiligten lieb ist, wenn auch völlig anders als erwartet. Der Autor bedient sich eines Kniffs, der noch jedem festgefahrenen Ensemble gut getan hat: Er führt eine neue Figur ein. Kaum ist Rufus zu einem Kochwettbewerb nach Madeira entfleucht, steht Mia (Linda Stockfleth) vor der Tür. Das Mädchen ist die Frucht von Rufus’ Beziehung mit der im letzten Film von seiner Mutter viel besungenen einstigen Verlobten Annette (Eva Verena Müller), die auf der Suche nach ihrer Tochter bald darauf ebenfalls vorbeischaut. Mia will endlich ihren ahnungslosen Vater kennenlernen, und da Annette einen dringenden Auslandstermin hat, darf der Teenager trotz Tonis Protesten in Heidis neu eröffneter Pension übernachten, bis Rufus zurückkehrt. Im Grunde wäre das keine große Sache, aber Mia ist, wie Annette es formuliert, „anders begabt“: Das Mädchen ist autistisch; ein Genie, wenn es um Zahlen geht, aber extrem lärmempfindlich und ausgesprochen unleidlich, wenn ihm jemand zu nahe kommt oder seine Kreise stört. Außerdem hat Mia die Gabe, in den Gesichtern der Menschen zu lesen, was in Kombination mit ihrer Angewohnheit, stets die Wahrheit zu sagen, zu einigen Konflikten führt.
Pfannenschmidt versieht seine Figuren stets mit einem klaren Vorzeichen; auch die vierte Geschichte braucht also eine Person, auf die sich die Antipathien konzentrieren können. Rufus ist weg, Annette war ohnehin nur kurz da; Heidi ist zwar eine Nervensäge, hat das Herz aber auf dem rechten Fleck. Bleibt nur noch ihre angespannte Tochter, die gegenüber Mia keinerlei Empathie zeigt, unangenehm despotische Züge offenbart und sich nicht daran gewöhnen kann, dass das Mädchen seine Mitmenschen grundsätzlich beim Wort nimmt. Auf diese Weise gerät Toni zwar recht eindimensional, aber zum Ausgleich hat Diana Amft diesmal deutlich mehr Spielmaterial als zuletzt, zumal die 15-Jährige eine echte Herausforderung ist. Pfannenschmidt bedient mit dieser Rolle bis hin zu den heruntergefallenen Streichhölzern, deren Anzahl das Mädchen auf Anhieb erkennt (eine Art Hommage an die Zahnstocherszene aus „Rain Man“, dem bekanntesten Autismus-Drama), sämtliche aus Film und Fernsehen bekannte Klischees, aber Linda Stockfleth verkörpert die Marotten in ihrer ersten großen Rolle jederzeit glaubwürdig. Dass Mia außerdem mit Hunden kommunizieren kann, sorgt zudem für einige schöne Szenen mit dem ansonsten eher unfolgsamen Vierbeiner der Familie.
Regisseur von „Meine Mutter will ein Enkelkind“ (Arbeitstitel: „Meine Mutter macht mich fertig“) ist wieder Jurij Neumann, der auch schon den Reihenauftakt „Meine Mutter ist unmöglich“ inszeniert hat. Am Drumherum mit den schönen Eifelbildern hat sich zwar nichts geändert, aber der Film wirkt insgesamt wieder stimmiger als die beiden letzten Episoden von John Delbridge. Für ein bisschen Abwechslung hat Pfannenschmidt auch bei „HaJü“ gesorgt: Tonis zwischenzeitlich von Rufus gefeuerter Ex-Freund stolpert diesmal zwar nicht mehr über Fremdwörter, aber dafür unterlaufen ihm dauernd irgendwelche Missgeschicke. Dass es Nikolaus Benda trotzdem gelingt, die Figur nicht zum Hanswurst werden zu lassen, ist eine echte Leistung. Der Pausenclown der Reihe ist ohnehin der trinkfreudige Postbote Hase. Stephan Bieker spielt den korpulenten Briefträger im Horst-Schlämmer-Stil als Klischee der rheinischen Frohnatur und erinnert ansonsten an die Komiker, die regelmäßig ihr Unwesen im dritten Programm des WDR treiben dürfen. Neumanns Umsetzung wiederum entspricht gern dem „Tür auf, Tür zu“-Strickmuster des Boulevardtheaters: Links geht eine Figur ab, rechts tritt eine andere auf. Dazu passen auch die Stichwort-Auftritte: Kaum beklagt Toni, man könne doch ein Mädchen nicht wie ein Postpaket abgeben, kommt Hase hereinspaziert.