Der Titel war doof und unpassend, aber davon abgesehen war „Meine Mutter ist unmöglich“ eine recht sehenswerte romantische Komödie. Der Arbeitstitel des Films lautete „Sterne, die vom Himmel fallen“, denn aufgrund einer Verwechslung bekam Hausmannskostköchin Toni (Diana Amft) für ihre Gastwirtschaft „Kupferkanne“ in der Eifel den Stern, der eigentlich Starkoch Rufus (Stephan Luca) und seinem gleichnamigen Kölner Lokal zustand. Warum man in der Redaktion der ARD-Tochter Degeto der Meinung war, Tonis Mutter sei unmöglich, ließ sich nur bedingt nachvollziehen, denn Margarita Broich verkörperte Heidi als patente Landfrau und durchaus sympathisch. Nun gibt es also eine Fortsetzung, „Meine Mutter spielt verrückt“, und diesmal passt der Titel immerhin halbwegs, selbst wenn Heidi mildernde Umstände zustehen: Sie hat sich verliebt; da macht man schon mal Dummheiten.
Autor ist erneut Christian Pfannenschmidt, der vor gut zwanzig Jahren für seine ZDF-Serie „girl friends“ mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet worden ist. Während sich der erste Film auf die sich anbahnende Beziehung zwischen Toni und Rufus konzentrierte, steht nun tatsächlich die Mutter im Zentrum: Heidi hat in einem Preisausschreiben einen Kurzurlaub für zwei in einem Luxushotel an der Ostsee gewonnen und überredet ihre Tochter, mitzukommen. Dort treffen die beiden auf Ivo (Filip Peeters), einst Maitre in Rufus’ Kölner Restaurant, nun Kellner im Grand Hotel. Heidi war schon beim letzten Mal recht angetan von dem charmanten Belgier. Als er ihr seinen Traum vom eigenen Lokal erzählt und die entsprechenden Räumlichkeiten zeigt, für deren Erwerb ihm aber das nötige Kleingeld fehlt, überlässt sie ihm kurzerhand all’ ihre Ersparnisse, immerhin 30.000 Euro. Toni ist entsetzt über die Leichtfertigkeit ihrer Mutter, und das zu Recht, denn Rufus weiß zu berichten, dass Ivo bereits zwei Insolvenzen hinter sich hat und hoch verschuldet ist.
Wie alle guten Komödien ist „Meine Mutter spielt verrückt“ im Grunde ein Drama mit Heidi als tragischer Figur: unglücklich verliebt und nun auch noch pleite. Die Geschichte von Toni & Rufus steht diesmal ebenfall unter keinem guten Stern, weil Pfannenschmidt sie realistisch weitererzählt. Der Koch hat die Küche des Eifellokals übernommen, Toni kümmert sich ums Geschäftliche, aber ihre unterschiedlichen Erwartungen scheinen unversöhnlich: Er will unbedingt seinen Stern zurück und lässt sich die Zutaten für seine teuren Gerichte aus Frankreich liefern, sie hätte alles gern eine Spur bodenständiger und preiswerter. Das ist zwar nicht mehr so originell wie die Handlung des ersten Films, hätte aber trotzdem eine amüsante Komödie mit besinnlichen Untertönen werden können, schließlich klingt ein Thema an, das viele ältere Stammzuschauerinnen des Freitagsfilms im „Ersten“ gut nachvollziehen können: Die alleinstehende Heidi fühlt sich überflüssig, weil sie im Lokal nicht mehr gebraucht wird, will den Rest ihres Lebens aber nicht auf dem Abstellgleis verbringen und ist angesichts der unverhofften Aussicht auf ein spätes Glück fest entschlossen zuzupacken.
Soundtrack: Robbie Williams („Beyond the Sea“), Carpenters („Close To You”), Jack Johnson („Big Sur”), Craig David („The Dock Of The Bay”), Journey („Don’t Stop Believin’”), Cookin’ On 3 Burners feat. Kylie Auldist („This Girl”), Bruce Springsteen („Hungry Heart”), Dixie Chicks („Godspeed”)
Trotzdem erreicht „Meine Mutter spielt verrückt“ nicht die Qualität von „Meine Mutter ist unmöglich“; die Fortsetzung hat weder den Charme noch den Biss des Originals. Auch schauspielerisch ist der Film nicht mehr so überzeugend. Das gilt vor allem für Amft und Luca, die hier seltsam distanziert wirken. Das entspricht zwar der Handlung, weil es zwischen Toni und Rufus in der Tat kräftig kriselt, aber wenn das spätere Happy End glaubwürdig sein soll, muss die Inszenierung vermitteln, dass unter dieser Oberfläche immer noch die alten Gefühle schlummern. Gerade das Ritual, mit dem sich das Paar seiner gegenseitigen Liebe versichert, wirkt jedoch sehr aufgesagt. Regie führte diesmal der erfahrene John Delbridge; die Anzahl seiner Beiträge zu ZDF-Sonntagsreihen wie „Rosamunde Pilcher“, „Inga Lindström“ oder „Emilie Richards“ geht in die Dutzende. Vielleicht war es gerade die fehlende Routine vom Regisseur des ersten Films, Jurij Neumann, die den Unterschied zwischen den beiden Produktionen ausgemacht hat.
Dass die Fortsetzung trotzdem sehenswert ist, liegt vor allem an Margarita Broich, die die gern in Redensarten kommunizierende lustige Witwe bei aller Freude am Klischee der rheinischen Frohnatur auch mit nachdenklichen Momenten versieht. Ähnlich amüsant ist Stephan Bieker als bestens über den Dorfklatsch informierter Postbote, der eigentlich immer in Eile ist, aber für ein Schnäpschen gern mal eine Pause einlegt. Missraten ist dagegen der klischeehafte Entwurf von Tonis Exfreund, der sich angesichts des Dauerstreits Hoffnungen macht, seine alte Flamme zurückzuerobern: Hansjürgen (Nikolaus Benda) ist bekennender Oberlippenbartträger, fährt ein knallgrünes aufgemotztes Auto, lässt gern seine Fingerknöchel knacken und scheitert regelmäßig an Fremdwörtern („Sei ruhig ein bisschen redandunt“).
Das größere Manko des Films ist jedoch die Dramaturgie: Pfannenschmidt findet erst spät zur eigentlichen Handlung. Auf diese Weise wird allzu deutlich, dass die Geschichte von Toni und Rufus nicht mehr viel hergibt; das könnte ein Grund sein, warum Delbridge den Koch im ersten Drittel viel zu oft beim Zubereiten von Gerichten zeigt. Die Figuren haben sich seit dem ersten Film ohnehin nicht weiterentwickelt. Gleiches gilt für Diana Amft, die schauspielerisch seit einigen Jahren stagniert, was natürlich auch an den Rollenangeboten liegen kann; die Unterschiede zwischen Gastwirtin Toni und Eifelpolizistin Kati Biever aus der ARD-Reihe „Der Bulle und das Landei“ sind jedenfalls marginal. Erschwerend kommt hinzu, dass Pfannenschmidt die Figur in den Szenen mit Heidi widersprüchlich angelegt hat: Einerseits kommt es zum Rollentausch, weil die Tochter angesichts der mütterlichen Frühlingsgefühle als Stimme der Vernunft agiert, andererseits muss sich Amft wie ein zickiger Teenager aufführen, was nicht nur angesichts ihres Alters übertrieben und unglaubwürdig wirkt. Trotzdem könnte die Zielgruppe Gefallen an „Meine Mutter spielt verrückt“ finden, zumal Kameramann Harald Cremer ähnlich wie sein Kollege Oliver Maximilian Kraus im ersten Film für viele schöne Schmuckbilder gesorgt hat (die Ostseeszenen sind in Travemünde entstanden) und die Musik (Michael Beckmann, Tom Stöwer), ein launiger Lounge-Jazz, gut zur Geschichte passt. Spätestens die vielen Popsongs lassen die Komödie dennoch wie ein Stück von der Degeto-Stange wirken. (Text-Stand: 26.3.2019)