Meine Frau, ihr Traummann und ich

Milberg, Kriener, Zirner, Duryn, Weber & Weber. Sprühende Spielfreude, Tiefe, Witz

Foto: ZDF / Barbara Bauriedl
Foto Thomas Gehringer

Charlotte findet ihren Traummann: 98 Prozent Übereinstimmung bei einem Dating-Portal mit Thomas. Dabei ist sie doch eigentlich mit ihrem Richard ganz glücklich. Oder? Nach dem Auszug des einzigen Kindes und kurz vor der Silberhochzeit geraten manche Gewissheiten ins Wanken. Die Komödie „Meine Frau, ihr Traummann und ich“ von Georg Weber (Buch) und Walter Weber (Regie) um ein Paar in gesetztem Beziehungs-Alter überzeugt mit einem klugen, wendungsreichen Drehbuch voller Wortwitz, mit Axel Milberg und Ulrike Kriener in Höchstform sowie einer Ernsthaftigkeit, die gute Komödien von anderen unterscheidet.

Richard (Axel Milberg) hat einen Termin beim Amtsgericht: die Scheidung von seiner Frau Charlotte (Ulrike Kriener) nach 25 Jahren Ehe. So eilig wie der Taxifahrer hat er es aber nicht, und bei einer Flasche Ouzo erzählt er im Taxi vor dem Gericht die Geschichte der vergangenen fünf Monate. Am Ende ist das Taxameter auf 163,40 Euro geklettert und der Fahrer eingeschlafen – doch fürs Publikum besteht die Gefahr bei der Komödie „Meine Frau, ihr Traummann und ich“ ganz & gar nicht. Der Film ist das Werk eines eingespielten Teams: Wie bei „Nägel mit Köppen“ führte der Schweizer Walter Weber Regie, stand Ulrike Kriener vor der Kamera und schrieb Krieners Mann Georg Weber das Drehbuch. Und mit Axel Milberg arbeitete Walter Weber bereits in „Meine Tochter, ihr Freund und ich“ zusammen.

Meine Frau, ihr Traummann und ichFoto: ZDF / Barbara Bauriedl
Während sich die Noch-Ehefrau (Ulrike Kriener) mit ihrem Traummann (Hendrik Duryn) vergnügt…

Trotz des ähnlichen Titels wird hier eine komplett neue Geschichte erzählt. Der charmante, unkonventionelle Richard und die selbstbewusste Charlotte wirken nicht wie ein Paar, das sich nichts mehr zu sagen hätte. Er ist Werbefotograf mit überschaubarer Auftragslage, „Leberwurst-Fotograf“, wie Richard sich selbstironisch nennt. Sie betreibt einen eigenen Mode-Laden. Spezialität: Hochzeitskleider. Mit dem Auszug des einzigen Sohnes beginnt eine neue Lebensphase, allein zu zweit. „Eigentlich könnten wir jetzt durch die ganze Wohnung vögeln und laut schreien“, witzelt Richard. Eigentlich. Die Nacht verläuft dann doch eher alltäglich: Er schnarcht trotz Zahnschiene laut, sie kann nicht schlafen und flüchtet in ihren Laden, wo Mitarbeiterin Ulla (Katharina Lorenz) gerade die Reaktionen auf ihr Profil in einem Dating-Portal sichtet. Zum Spaß meldet sich auch Charlotte an – und erhält 162 Anfragen. Top-Kandidat ist Sportlehrer Thomas (Hendrik Duryn), sein Profil stimmt zu 98 Prozent mit Charlottes überein. „Den musst du treffen“, meint der tolerante Richard. „Das ist doch lustig.“ Er selbst bringt es leider nur auf 14 Prozent Übereinstimmung.

Mit Dialogwitz und exzellenten Darstellern treibt Autor Georg Weber die Komödie um ein Paar in gesetztem Beziehungs-Alter voran. Die Geschichte hält Tempo und Spannung, zur Not sorgt die boulevardeske Episode vom mühseligen Verkauf eines Hochzeitskleids an eine verwöhnte Tochter mit reicher Mutti (Saskia Vester) im Schlepptau für Abwechslung. Sympathisch auch, wie hier das viel gescholtene Griechenland, namentlich die Insel Lesbos, zum Traumziel und Happy-End-Schauplatz wird – das Szenenbild sorgt für die hübsche Verwandlung einer heruntergekommenen Hütte, aber die folkloristisch klimpernde Musik nervt auf die Dauer dennoch… Davon abgesehen: Insbesondere Axel Milberg sprüht geradezu vor Spielfreude. Unbedingt gesehen haben muss man seinen Auftritt als eifersüchtiger Ehemann, der nach einem gemeinsamen Opernbesuch von Charlotte und Thomas ins Restaurant platzt und sich dort selbst an „Zauberflöten“-Arien wagt. Wie Milberg zudem mit Betonung und Pausen seine Dialogtexte zelebriert, ist einfach erstklassig. Und mit Ulrike Kriener hat er eine kongeniale Partnerin und ein gemeinsames Finale furioso vor dem Scheidungsrichter. Mehr sei hier nicht verraten. Dass Charlotte und Richard mit Familienname tatsächlich „Leisewitz“ heißen, vermutlich weil die Verantwortlichen stolz darauf sind, „keinen Schenkelklopfer“ (Produzentin Annette Reeker) fabriziert zu haben, ist unter diesen Umständen verzeihlich.

Meine Frau, ihr Traummann und ichFoto: ZDF / Barbara Bauriedl
Richard frischt nicht nur seine Männerfreundschaft auf. Axel Milberg & August Zirner in „Meine Frau, ihr Traummann und ich“

Dagegen ist die Figur des „Traummanns“ genretypisch etwas dick aufgetragen: Thomas ist ein Opern- und Gedichte-Freund, sanft, sensibel, sportlich. Einer, mit dem frau bedenkenlos auf dem Rücksitz seines Motorrollers durch die Stadt braust. Überraschend immerhin: Den Fischen im Aquarium beim Chillen zugucken, kann für Frauen auch attraktiv sein. Der Date mit Thomas gibt Charlotte jedenfalls neuen Schwung. Zugleich kommt ihr Richards Toleranz wie Gleichgültigkeit vor. Und dann ist da noch der Schmerz über eine Affäre Richards mit Christine (Ulrike Tscharre) vor mehr als elf Jahren, der durch eine zufällige Begegnung wiederbelebt wird. Die vermeintlich intakte Beziehung erscheint Charlotte plötzlich wie eine nur noch von Kompromissen zusammengehaltene Ehe. Und Richard reagiert zunehmend verunsichert. Als sich beide, fest zur Versöhnung entschlossen, wieder treffen, geht es erst recht schief. Der Film gewinnt trotz der großen Freude an Pointen und Übertreibungen nach und nach eine Ernsthaftigkeit & Tiefe, die eine gute Komödie erst von anderen unterscheidet.

Ähnliches gilt für das (Neben-)Thema Männerfreundschaft: Richard will die bevorstehende Silberhochzeit „mit Freunden groß feiern“. Charlotte trifft mit ihrem Hinweis („Du hast doch gar keine Freunde“) allerdings ins Schwarze. Umso mehr bemüht sich Richard, die verblichene Freundschaft mit Stefan (August Zirner), seinem alten Studienkollegen von der Kunsthochschule, neu zu beleben. Den hat er zwar seit Jahren nicht mehr gesehen, außerdem hält Stefan ihn für ein „Arschloch“. Doch bei einer zufälligen Begegnung auf einem Parkplatz ergreift Richard entschlossen und unverfroren die Gelegenheit. Fortan bilden die beiden das zweite „alte Ehepaar“ der Geschichte. Zwei große Jungs im Beziehungsstress, die sich bei der gemeinsamen Restaurierung von eigentlich wertlosen Kneipen-Gemälden zusammenraufen. Die also daran arbeiten, eine größtmögliche Übereinstimmung mit dem durch Schmutz beschädigten Original wiederherzustellen. Wie sie da unter der Oberfläche eine verborgene, viel kostbarere Schicht entdecken, darf man wohl als Metapher in dieser Beziehungs-Komödie deuten. Die außerdem den dramaturgischen Vorteil hat, dass fürs glückliche Film-Ende noch ein bisschen Kohle herausspringt. (Text-Stand: 29.11.2014)

Meine Frau, ihr Traummann und ichFoto: ZDF / Barbara Bauriedl
Und dann wäre da noch die Ex-Geliebte von Stefan. Ulrike C. Tscharre & Axel Milberg

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

ZDF

Mit Axel Milberg, Ulrike Kriener, August Zirner, Hendrik Duryn, Katharina Lorenz, Ulrike Tscharre, Jonathan Beck, Saskia Vester, Albert Kitzl

Kamera: Volker Tittel

Szenenbild: Naomi Schenck

Schnitt: Veronika Zaplata

Musik: Dominik Giesriegl

Soundtrack: Jane Birkin („Harvest Moon“) , Serge Gainsbourg & Jane Birkin („Je t’aime… moi non plus“)

Produktionsfirma: all-in-production

Drehbuch: Georg Weber

Regie: Walter Weber

Quote: 5,36 Mio. Zuschauer (16,2% MA)

EA: 15.12.2014 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach