Paul, alleinerziehender Vater, Journalist, Berufsjugendlicher, liberal und aufgeklärt, sieht rot. Seine Tochter April steht kurz vor ihrem 16. Geburtstag und sie möchte den Freudentag zum Anlass nehmen, mit ihrem Freund Ben zu schlafen. Den sonst so lockeren Paul plagen Verlustängste. Und den beiden Verliebten geht das reichlich auf die Nerven. Und so suchen sie Rat bei Bens Mutter, die ist immerhin Psychologin – Tierpsychologin, doch umso besser, findet April, ihr Vater benehme sich schließlich wie ein Affe. Und tatsächlich, Mutter Anna hat gleich eine stichhaltige Analyse parat: „Der Enterich fürchtet, dass er den Einfluss auf seine Küken verliert, und deswegen ist er eifersüchtig auf andere Erpel.“
„Mein Vater, seine Neue und ich“ hält sich – wie der Titel verrät – nicht lange mit der Eifersucht des Vaters auf. Nach einem Weilchen dreht sich der Spieß um und das Spiel geht plötzlich in die andere Richtung. Zwischen den beiden alleinerziehenden Elternteilen funkt es nämlich außerordentlich. So hat sich das das Töchterchen aber nicht vorgestellt. Um ihren Vater nicht zu verlieren, zieht sie alle postpubertären Register. Sie intrigiert, erfindet Lügengeschichten, macht ihren Vater zum Gefühlskrüppel, zum Alkoholiker und Sex-Maniac.
Ungemein komisch beginnt diese Pro-Sieben-Komödie, die Bewährtes erfrischend durchmischt. Ein bisschen „Vater der Braut“, ein bisschen „My Girl“, ein bisschen „Meine Braut, ihr Vater und ich“ – und sogar bei seinen eigenen Produktionen klaut der Münchner Sender. „Mein Vater, seine Neue und ich“ klingt nicht nur nach „Mein erster Freund, Mutter und ich“, dem Grimme-Preis-nominierten Überraschungserfolg. War es damals die Mutter, die quer schoss, ist es in dem Film von Peter Gersina die Tochter, die dem Vater das Liebesleben schwer macht. Vor lauter Zickenterror vergisst sie fast ihren Freund. So entwickelt sich die Komödie, in der es vordergründig um erste Liebe und zweiten Frühling geht, zu einem augenzwinkernden Beitrag über die Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden.
Schon in klassischen Familien ist die Abnabelung nicht leicht. Beim Alleinerziehen wird’s schwerer und vollends emotional kompliziert ist es im Teenageralter, wenn die Single-Mama einen Sohn und der Single-Papa eine Tochter hat. Als Zuschauer hat man den Eindruck, als ob alle sehr gut wissen, was sie da spielen. Herbert Knaup ist dem Zeitgeist sympathisch und witzig zugleich auf der Spur. Katharina Müller-Elmaus Anna sorgt fürs Bodenständige. Und auch die Jungdarsteller treffen stets den Ton zwischen Spaß und Ernsthaftigkeit. Das Bemerkenswerteste aber ist, dass es nicht nur ein Vater-Tochter-Spiel vor, sondern auch hinter der Kamera gab: so schrieben Peter Gersina und seine 18jährige Tochter Sydney, zugleich die Darstellerin der April, gemeinsam das Drehbuch. (Text-Stand: 3.11.2005)