„Es gibt dummes Geld, das geht verloren, und es gibt sicheres Geld, das liegt bei mir.“ Von dieser Philosophie sind Heinrich Atzberger und seine Freunderl im bayerischen Eberding so begeistert, dass sie dem Schweizer Investment-Banker Reto Pauly blind ihr Erspartes anvertrauen. Weil Sohnemann Bernie Atzberger, Bankangestellter in der Dorffiliale, den Rendite-King noch aus der Ausbildungszeit her kennt, fädelt dieser den Deal mit dem Player der Großfinanz ein. Zwei Jahre später ist die Finanzblase geplatzt. Atzberger senior ist außer sich. Pauly doziert über die energetischen Kräfte des Finanzmarktes – sprich: fordert die Eberdinger auf, Geld nachzuschießen. Doch die wollen aussteigen. 30.000 € sei die 300.000-Einlage noch wert. Atzberger ist fassungslos – und schlägt den unverschämten Eidgenossen nieder. Der wird entführt, dann gefesselt und geknebelt im Keller der Atzbergers einquartiert. Einen Plan haben die Wutbürger nicht. Sie wollen nur ihr Geld zurück. Jetzt muss Bernie ran. Der ist eine ehrliche Haut, mit einer Polizistin verbandelt und hat auch schon einen perfekten Plan, wie er sich dieser vermaledeiten Aktion und der ganzen Profitgier entledigen möchte.
Foto: ZDF / Christian Hartmann
Zwischen dem Charme des schamlosen Geldvernichters (starke Tonlage: Uwe Ochsenknecht) und dem aufbrausenden Sekundenzorn des bayerischen Urviechs (Top-Type Sigi Zimmerschied) darf sich der ewige Bub (komisch liebenswert: Gabriel Raab) als Mann beweisen, der indes andere Werte schätzt als die kleinen und großen Spekulationsgewinnler. „Bernie Atzberger ist wie Don Quichotte ein Held in einer wild gewordenen Welt“, betont Autor-Regisseur Max Färberböck, „Bella-Block“-Wegbereiter und Mann für eher düstere Stimmungen („Anonyma“), in seiner nach „Sau Nummer vier“ zweiten weißblauen (Kriminal-)Komödie. „Alles, was ihn bewegt, ist der Wunsch nach einem einfachen, überschaubaren Leben, in dem es um so etwas Exotisches wie Anstand geht.“ Der kleine Bankbeamte, der sich nicht von äußeren Zwängen verbiegen lassen will, wird zur Lichtgestalt in dieser moralischen Komödie über die grassierende Profitgier. Für Ko-Autor und Produzent Ulrich Limmer ist es an der Zeit, in Filmen Geschichten von diesen katastrophalen sozialen Schräglagen zu erzählen. In „Mein Vater, seine Freunde und das ganz schnelle Geld“ sieht er „einen würdigen filmischen Kommentar zum Wahnsinn des ganzen Bankensystems.“
Ähnlich wie in der Story die von der Börse beförderte Spekulationsblase zum Platzen gebracht wird, so hüllt dieser Film den Zuschauer weder in die wohlige Blase der hollywoodhaften Komödie, noch setzt er auf konventionelles Comedy-Timing. Der Humor ist trocken bis krachledern, die Pausen im Spiel können lang und spannungsreich sein, die Dialoge tendieren zum höheren Blödsinn, die Tobsuchtsanfälle knallen wie Geschosse, und die Pointen kommen bewusst selten – und wenn doch, dann selten befreiend. Im Wechselspiel aus Beschleunigung und Entschleunigung, aus Übertreibung und Verfremdung findet diese Charakterkomödie, die sich als Typenkomödie verkleidet, ihren Rhythmus. Färberböck versucht sich an einem Crossover von Volksstück und Finanzsatire, Provinzposse und Jacques-Tati-Komik. Die Haltung des Zuschauers könnte nach einer ersten Phase der Irritation eine Art befremdliches Staunen sein, dem eine kindliche Neugier zugrunde liegt. Das eint Zuschauer und Hauptfigur.
Foto: ZDF / Christian Hartmann
Wie schon „Sau Nummer vier“ ist „Mein Vater, seine Freunde und das ganz schnelle Geld“ ein Fall für den zweiten und dritten Blick. Der Film, präzise inszeniert, saukomisch oft die Bilddetails, humorvoll der Einsatz der Musik, bedient nicht die Erwartungen einer „schwungvollen“ Unterhaltungskomödie. Die Figuren sind nicht nach dem gängigen Komödien-Muster „so wie“ gestrickt und in ein „neues“ Setting, ein „unerhörtes“ Milieu transportiert worden. Universal ist in dieser ZDF-Komödie allenfalls die Botschaft: die Idee von der Neuregulierung der Finanzmärkte. Die Machart dagegen ist speziell – sehr bayerisch, sehr Zimmerschiedisch, sehr Färberböcksch: eigenwillig & eigensinnig! Hat man das Prinzip irgendwann „verstanden“ und verinnerlicht, lässt einen dieser skurrile Film nicht mehr los.