„Wissen Sie, wie das ist, wenn jemand, den man liebt, mit dem man sein halbes Leben verbracht hat, mit dem man alt werden wollte, wissen Sie, wie das ist, wenn der auf einmal sagt: Endstation, ich steige aus, du fährst alleine weiter. Das ist so schrecklich, da ist man plötzlich zu allem fähig.“ Gleich zwei Mal fallen diese Sätze in „Mein Mann, seine Geliebte und ich.“ Die Situation ist also sonnenklar – und doch nimmt die Handlung einen etwas anderen Gang, als man es aus dem Leben kennt. Die betrogene Ehefrau Rike zerschlägt weder das Porzellan, noch stellt sie ihrem „Bärchen“ Erik die Koffer vor die Tür. Sie leidet auch nicht still vor sich hin, sondern gibt Gas, um ihren Mann zurückzuerobern.
Als phantasie- und leidenschaftslos beschreibt Erik seine Frau in einer seiner zahllosen Erotik-Mails an Dana, die so anders ist, so hingebungsvoll, so selbstbewusst, so offen. Aus lauter Verzweiflung schnüffelt Rike durch seine Ordner im Computer. „Zwischen meinem Eheleben und unserem Glück liegen Welten“, gehört noch zu den harmloseren Beurteilungen ihrer 25-jährigen Ehe. Einen Plan hat sie anfangs nicht. Zunächst würde sie ihm am liebsten wütend ins Gesicht springen, dann setzt sich aber das altbekannte Muster durch: nur nicht offen reden miteinander. Aber was tun? Sie probiert’s auf Hausfrauenart: mit „Dirty Talk“-Übungs-CD, einem Abendessen zu zweit, dessen ersten oralen Gang sie ihrem Gönnergatten auf den Knien servieren möchte. Die Lippen gespitzt – doch Erik wehrt ab. Erst als Rike herausfindet, dass ausgerechnet Dana, die sie zufällig selbst kennen gelernt hat, die Geliebte ist, reift in ihr der Plan, beide unvorbereitet mit der Situation zu konfrontieren.
Diese Situation gehört für den Zuschauer zu den reizvollsten Szenen des Films. Peinlich, doch alle drei schlagen sich achtbar. Autorin Laila Stieler bringt gleichermaßen für alle drei Haltungen Verständnis auf. „Man darf einen Menschen nicht so lieben, nicht so“, erkennt sogar Rike, aber sie kann nicht anders, sie hat es nie anders gelernt, ihre Liebe dadurch auszudrücken, dass sie ihr „Bärchen“ verwöhnt und ihm das Frühstücksei aufklopft. Auch als Zuschauer kann einem diese Frau ziemlich auf die Nerven gehen. Man möchte ihr schon fast den Tipp geben, mal einen Beziehungsratgeber zu lesen. Aber wahrscheinlich würde sie davon nur die Hälfte verstehen. Wer kann nicht nachvollziehen, dass Erik aus diesem von der Ehefrau selbst gezimmerten Puppenhaus ausbrechen möchte?! Vielleicht ist das aber auch nur die männliche Sicht auf diese mitunter fast zu realistischen Szenen einer Ehe?
Foto: ZDF / Gordon Mühle
Was gehen einen diese banalen Liebesnöte einer emotional und intellektuell minderbemittelten Mittelstandsehefrau an? Auch diese Gedanken kommen einem zwischenzeitlich bei diesem von Dagmar Hirtz grundsolide inszenierten ZDF-Fernsehfilm, bei dem einen dann aber doch immer wieder die Schauspieler mitnehmen in die etwas abgedroschen erscheinende Geschichte, die dramaturgisch gekonnt gebaut ist. Vielleicht ist es ja so ähnlich wie bei „Eine ungehorsame Frau“ mit Veronica Ferres. Bei dieser banalen Emanzipationsmär über eine Nur-Hausfrau, die sich aus dem engen Rahmen ihrer unerträglichen Ehe befreit und Karriere macht, fragten sich viele: wen interessiert so was noch? Zehn Millionen Zuschauer waren der Beweis, dass das Thema 1997 noch nicht durch war. Es könnte sein, dass auch das Thema „betrogenes Heimchen am Herd“ noch nicht obsolet ist. „Die Freundin der Schwester“, in zwei Tagen in der ARD, jedenfalls erzählt eine ganz ähnliche Geschichte. Auch hier nimmt die Ehefrau den Kampf um den Gatten auf. (Text-Stand: 21.9.2009)