Luk, ein Deutsch-Türke aus Hamburg, Mitte, Ende 20, will endlich sein Leben in den Griff kriegen. Der Lottogewinn, der der Familie ins Haus flattert, müsste da eigentlich hilfreich sein, doch der Geldsegen bewirkt das genaue Gegenteil. Die Eltern wollen ein Hotel in Kappadokien kaufen; Luk dagegen will lieber unter die Musik- und Videoclip-Produzenten gehen, damit seine Ex-Freundin Gül vielleicht seine Bald-wieder-Freundin wird. Geschlossen macht sich die Familie auf in die alte Heimat – die einen zur Hotel-Inspektion, die anderen zum Dreh eines Videoclips. Beide Projekte scheinen keine lohnenden Investitionen zu sein. Die völlig kopflosen Lottogewinner verrennen sich in ihren Träumen vom Erfolg, vom (Liebes-)Glück, vom teuer erkauften Heimatgefühl. Der Vater brennt mit einer jungen Türkin durch, die die Familie mit dem Jüngsten verkuppeln wollte, die Mutter bekommt einen Nervenzusammenbruch nach dem anderen und Luk ist bald nur noch stolzer Besitzer eines leer geräumten Kontos. Glück verspricht am Ende allenfalls die Erkenntnis, die Luk aus allem zieht.
„Luk findet heraus, dass Glück nichts anderes ist, als die mutige Bereitschaft, sich selbst zu akzeptieren und zu lieben“, sagt Regisseurin Ayse Polat („En Garde“) über die „Schlussmoral“ ihres dritten Kinofilms. Das ist korrekt, klingt aber etwas zu ernsthaft (und damit missverständlich) für die Tonlage, die die gebürtige Kurdin in „Luks Glück“ vordergründig anschlägt. So sehr dieser Film letztlich vom phantasievollen Spiel mit der Illusion getragen wird, so sehr sich in ihm Lüge, Selbstbetrug und die in sozialen Netzwerken geübte Aufschneiderei mit der Illusion des Kinos verbinden, so wirkt er auf den ersten Blick wie eine wilde Anhäufung kultureller Stereotypen – die Handlung eindimensional, die Figuren überdreht, sich verlierend in typisch türkischen Kusskuss-Exzessen. Doch mit dem Aufschlagen in der alten Heimat nimmt das Ganze schrägere Formen und mehr Tiefe an. Und so chaotisch verspielt auch das Erzählte ist, der (Bilder-)Rahmen für diese durchgeknallte türkische Sippschaft, die erfreulicherweise nicht synchronisiert wurde, dieser Rahmen aus Kultur und Klischee, aus Landschaft und Licht wirkt „authentisch“. Zum großen Spaßfaktor von „Luks Glück“ trägt die Musik erheblich bei. Sie ist nicht nur Thema – sie strukturiert und dynamisiert den Film, sie verbindet Alt und Jung, anatolische Gesänge mit Saz-Gezirpe und Türkpop mit munteren Elektro-Beats. Realität wird bei Polat nicht 1:1 abgebildet – und doch atmet dieses heutige Märchen reichlich Selbstfindungs-Spirit und Culture-Clash-Zeitgeist.
Die Produktionsgeschichte zu „Luks Glück“ müsste „Polats Pech“ heißen. Erst ging die Koproduktionsfirma pleite, dann der Verleih und schließlich die Firma für die Postproduktion. Über sechs Jahre zog sich die Produktion hin. Als der Film 2012 ins Kino kam, waren die anderen leichtfüßigen Multikulti-Kinokomödien wie „Soul Kitchen“, „Salami Aleikum“ oder „Almanya“ längst durch. Selbst das ZDF-Primetime-Movie „Liebeskuss am Bosporus“ mit Jasmin Gerat & viel Türkpop war schneller als Polats Film, den die ZDF-Redaktion „Kleines Fernsehspiel“ mitfinanziert hat. Die Verspätung sollte den Spaß am Film nicht schmälern.