„Altern ist nichts für Feiglinge – und das Pflegen alter Menschen erst recht nicht“, begrüßt die Leiterin des Seniorenheims Haus Abendroth, Schwester Rosalinde, die unbeschwerte Lotta. Weil sie in ihren 23 Jahren bisher nichts zu Ende gebracht hat, ließ sich der Vater auf einen „Deal“ mit ihr ein: Wenn sie es schafft, ein sechswöchiges Praktikum in einem Altenheim durchzustehen, dann hilft ihr der Vater bei der Finanzierung eines Schauspielstudiums in New York. Die ersten Tage sind für Lotta eine Qual. Fliegender Kaffee, ein Grabscher im Rollstuhl und eine desillusioniert pragmatische Chefin, die ihr nichts zutraut. Ihr will sie zeigen, dass sie mehr kann als Handy-Daddeln – und: dass sie KEIN Feigling ist!
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Autor Stefan Rogall packte die Selbstfindungsgeschichte einer jungen Frau, die noch immer wild und planlos ihre Jugend auszuleben versucht, sich aber von der Realität und ihren Erfahrungen eines Besseren belehren lässt, ins Gewand einer Wohlfühltragikomödie. Die Dramaturgie stellt wenig Ansprüche. Die Geschichte bedient zunächst das Klischee von den oberflächlichen Teenagern, um dann im Gegenzug das Klischee von der Läuterung im Handumdrehen aus der Kiste zu holen. Dennoch ist es bemerkenswert, wie es in „Lotta & die alten Eisen“ gelingt, den Spaßfaktor um ein quicklebendiges, selbstbezogenes Girlie mit den „schweren“ Themen Krankheit, Alter, Tod in Einklang zu bringen. Was anfangs einen Tick zu oberlustig & oberflächlich gerät, kommt mit der Wandlung der Titelfigur in die richtige Spur.
Entsprechend beginnt auch Josefine Preuß zu laut, zu grell, zu comedyhaft und übertreibt ihr typisches Grimassenspiel (im Spiel). Dass sie es anders kann, zeigt sie zwar in Szenen, in denen es ans emotional Eingemachte geht, aber selbst in diesen Situationen bleibt ihr Spiel äußerlich. Das fällt umso mehr auf, als ihre Partnerin Barbara Auer ist. Sie spielt mit gewohnt wenig Mienenspiel gegen ihr Bild aus der Girlie-Perspektive an: sie ist keine kalt(schnäuzig)e Strietzerin, die Pflegepraxis hat ihr nur den Enthusiasmus und den Elan der frühen Jahre genommen. Auer rückt ihre Rosalinde nie in die Nähe einer Buhfrau, aber am Ende ist ihre Pflegedienstleiterin auch keine Frau für eine Happy-End-Umarmung. Distanz, Würde, Respekt und zu guter Letzt ein Hauch Ironie, das sind die Werte von Schwester Rosalie. Auer bringt sie konsequent ein. Überzeugend auch Heidy Forster als die alte, demenzkranke Frau, die bei Lotta Schicksal spielt. Da hat man schon den Eindruck, dass Lottas Plan, in New York Schauspiel zu studieren, für Josefine Preuß auch keine schlechte Maßnahme wäre.
Fazit: bei aller „Gespaltenheit“ in Spiel und Genrefarbe ist „Lotta & die alten Eisen“ eine kleine Überraschung auf dem „leichten“ ZDF-Mittwochstermin. Besondere Sympathie verdient der Film von Edzard Onneken wegen seiner unaufdringlichen Art, die Generationen miteinander zu versöhnen. Der Soundtrack (The Strokes, Badly Drawn Boy, Sade, Adele, Ziggi) ist große Klasse und ungewöhnlich fürs ZDF, dessen Zuschauerdurchschnittsalter 61 Jahre beträgt.