Lösegeld

Maticevic, Ulrike Tscharre, Stephan Wagner & Menschen, die tun, was sie tun müssen

Foto: WDR / Oliver Feist
Foto Rainer Tittelbach

Das Mädchen und der Kommissar. Sie hat Diamanten unterschlagen, er soll ihr auf die Schliche kommen. Sie bittet um Polizeischutz, er gibt ihr mehr als das. Beide verlieben sich ineinander… „Lösegeld“ steht in der Tradition des französischen Films und der Krimi-Thriller zunehmend im Schatten des Melodramas. Versuchung, Verführung, Lust – und die Wahrheit der Liebe obsiegt über die kriminelle Energie. Maticevic und Tscharre sind eine traumhafte Besetzung. Ein Film voller magischer Momente. Einfach, essentiell und sehr effektiv.

Nina Hausen ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Nachts im Wald will sie nur mal kurz ihren Hund aus dem Wagen lassen. Wenig später wird sie von einem Fremden angegriffen. Sie kann ihn überwältigen und flieht – dabei fährt sie den Mann an und verletzt ihn schwer. Wie sich später herausstellt, hat der Flüchtige ein Industriellenkind entführt und ein hohes Lösegeld erhalten. Und genau dieses Lösegeld, ein Säckchen mit Diamanten, befindet sich plötzlich im Besitz der Chefin einer Begleitagentur. Die Polizei ist skeptisch, was ihr Protokoll der Tatnacht angeht. Als sich der Entführer den Weg zu ihr frei schießt, erhärtet sich der Verdacht, dass Nina die Steine unterschlagen haben könnte. Ihre Antwort: „Ich will Polizeischutz“. Den soll sie bekommen. Diethard Lysewski, ein desillusionierter Bulle, legt die Lederjacke ab, schaut ihr tief in die Augen – und ist von nun an ein neuer Mensch. Auch Nina verliebt sich in den Kommissar. Doch der Verdacht gegen sie ist noch nicht ausgeräumt. Vor allem Kommissar Weber, der nichts von der Affäre des Kollegen weiß, ist heiß auf die Aufklärung des Falls. Lysewski muss sich entscheiden. Gutes oder schlechtes Timing für seine Liebe?

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Ob Gangster oder Lover – das ehemalige Callgirl (Ulrike C. Tscharre) weiß, wie man mit den Männern umgeht. Dennoch ist sie bei Lysewski alles andere als berechnend.

Autor, Regisseur und Produzent Stephan Wagner über seinen Film & seine Arbeitsweise:
„Lösegeld“ ist ein Psychothriller-Krimimelodram, eine Reise durch die verschiedenen Genres. Ich wollte den Zuschauer mit einer Krimigeschichte abholen und mit ihm die Liebesgeschichte entdecken… Ich verstehe mich als ‚Auteur’, der über das Zusammenführen von Bild, Sprache und Schnitt etwas entstehen lässt.“

Die Geschichte des ARD-Fernsehfilms „Lösegeld“ erzählt sich besser als Krimi – auch in der Inhaltsbeschreibung. Dabei steht des Deutschen liebstes Genre, nachdem das erste Drittel dem Psychothriller gehört, deutlich im Schatten des Melo-Dramas. Die Liebe verschiebt dabei die Krimi-Koordinaten von Gut und Böse, von Recht und Ordnung. Der Film von Autor-Regisseur-Produzent Stephan Wagner („Dienstreise – Was für eine Nacht“) entwickelt eine eigene Moral mit entsprechend eigenwilligen Charakteren und eine viel zu selten gewordene Erzählhaltung, die in der Tradition des französischen Krimimelodrams à la Claude Sautet, Maurice Pialat oder Claude Chabrol stehen. Am deutlichsten variiert „Lösegeld“ die Motive von „Das Mädchen und der Kommissar“ mit Michel Piccoli und Romy Schneider. Das Besondere an dieser WDR-Produktion ist ihr tiefes dramaturgisches Verständnis der filmgeschichtlichen Einflüsse. Das ist kein vordergründiges Spiel mit wohl bekannten Versatzstücken. Das ist eine „wesenhafte“, klug durchdachte Liebeskrimi-Melange. Einfach, klar, lakonisch, essentiell und sehr effektiv. Eine Wohltat im Qualitätsfernsehen, das oft nur noch mit verstiegener Plot-Komplexität und nicht immer zuschauerfreundlichen filmischen Beschleunigungstechniken glaubt, sich ästhetisch steigern zu können. Endlich mal wieder ein Film, bei dem man unbedrängt einfach nur hinschauen kann, weil es etwas Spannendes, etwas Schönes, ja gelegentlich sogar etwas Magisches zu sehen gibt.

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Männer, die tun, was sie tun müssen. Und das Gegenüber versteht immer auch ein Stück weit das eigenwillige Handeln des anderen. Misel Maticevic und Simon Licht

Ulrike C. Tscharre über die Erotik ihrer Rolle:
„Der Umstand, dass Nina Hausen eine Begleitagentur führt, erhöhte für mich die Erotik der Figur, die schon beim  Lesen des Drehbuchs mitschwang und die ich spürbar machen wollte… In diesem Film gehört die Nacktheit, die Intimität genauso, wie wir sie zeigen, dazu.“

Misel Maticevic über seine Rolle:
„Es ist ein desillusionierter Kommissar, einer, der eine Mischung aus Resignation, Melancholie und Grimmigkeit in sich trägt. Und dann taucht da diese Frau auf, die in ihm etwas weckt und ihn verändert.“

Misel Maticevic und Ulrike C. Tscharre, schon in dem Film „Letzter Moment“ eine sinnlich-erotische Offenbarung (jenseits bloßer Nacktheit), sind eine Traumbesetzung. Der Ambient-like angejazzte Soundtrack ist eine Musik, die miterzählt, und darüber hinaus ein Genuss für die Ohren. Wagner etabliert auf allen Ebenen die Werte und Wirkungen des klassischen französischen Kinos, in dessen emotionalem Zentrum die Begriffe Versuchung, Verführung, Lust stehen. Und was die Moral angeht: da obsiegt eindeutig die Wahrhaftigkeit der Liebe über die Realität der Unterschlagung. Auch das eine französische Spielart. Das schöne Ex-Callgirl ist ein ehrlicher, aufrichtiger Mensch. „Ich würde dir alles sagen. Alles. Du musst selbst entscheiden, was du wissen willst.“ Und der Bulle entscheidet. Er fragt, ein Mal: „Hast du was mit der Entführung zu tun?“ Die Antwort: „Nein.“ Mehr will er nicht wissen. Er ahnt, dann weiß er – und schließlich tut er, was er tun muss… (Text-Stand: 20.3.2012)

LösegeldFoto: WDR / Oliver Feist
Wird diese Situation ein ewiges Wunschbild bleiben? Ulrike C. Tscharre und Misel Maticevic

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Fernsehfilm

WDR

Mit Misel Maticevic, Ulrike C. Tscharre, Simon Licht, Sven Lehmann, Elmira Rafizadeh, Tristan Seith, Godehard Giese, Aylin Esener und Paul Faßnacht

Kamera: Thomas Benesch

Schnitt: Friederike von Normann

Musik: Irmin Schmidt

Produktionsfirma: carte blanche Film

Drehbuch: Stephan Wagner

Regie: Stephan Wagner

Quote: 4,98 Mio. Zuschauer (15,3% MA); Wh.: 4,2 Mio. (15,9% MA); 2. Wh.: 3,24 Mio. (10,3% MA)

EA: 11.04.2012 20:15 Uhr | ARD

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