Lilly Schönauer – Weiberhaushalt

Mira Bartuschek, Anna Rot, Matthias Schloo. Na, wer kriegt die schöne Eva?

Foto: Degeto / ORF / Toni Muhr
Foto Tilmann P. Gangloff

Begabte junge Innenarchitektin will wieder auf eigenen Beinen stehen, doch der egozentrische Gatte hat andere Pläne: Die Degeto arbeitet sich auch in „Weiberhaushalt“ aus der „Lilly-Schönauer“-Reihe mal wieder am Weltbild der 50er Jahre ab. Die Hauptdarstellerinnen sind immerhin sehenswert. Und beinahe kommt es sogar zu einer lesbischen Beziehung.

Ausgerechnet die braven „Lilly-Schönauer“-Filme trauen sich was: In „Liebe mit Familienanschluss“ (13.9.) ist ein Sohn schwul, in „Weiberhaushalt“ entpuppt sich die gute Freundin der Heldin als lesbisch. In beiden Filmen merkt man das als Zuschauer allerdings viel früher als die Protagonistinnen, weshalb die „Überraschung“ zwangsläufig etwas verpufft. Immerhin druckst die Inszenierung (wie schon bei „Liebe mit Familienanschluss Karola Hattop) diesmal nicht herum, und da die entsprechenden Annäherungsversuche keineswegs anrüchig sind, sondern durchaus geschmackvoll und ästhetisch ansprechend aufgenommen werden (die Kamera führte auch hier Gero Lasnig), wirken sie sogar dezent erotisch.

Die Handlung ist hingegen so vorhersehbar wie viele andere Geschichten dieser Art: Der kleine Sohn geht in den Kindergarten, also möchte Eva (Mira Bartuschek) wieder in ihrem Beruf als Innenarchitektin arbeiten; sie bewirbt sich um die Einrichtung eines Restaurants. Ehemann Philip (Matthias Schloo) hofft derweil auf die Leitung der Hamburger Filiale seines Architekturbüros. Die Familie lebt in Graz; das ist ein bisschen weit, um zu pendeln. Beim ersten Termin mit dem Restaurantbesitzer (Hary Prinz) trifft Eva eine Freundin von früher: Lucy (Anna Rot) hat mittlerweile die Schreinerwerkstatt ihres Vaters übernommen. Die beiden merken rasch, dass sie sich beruflich perfekt ergänzen. Kurzerhand zieht Eva zur Verblüffung des Gatten aufs Land, und weil ihr Vater (August Schmölzer) die falschen Schlüsse gezogen hat, fürchtet Philip, seine Frau sei zu allem Überfluss auch noch lesbisch geworden.

„Weiberhaushalt“ hat zwar dramatisches Potenzial, doch Hattop verpackt es so geschickt, dass die Erwartungen der auf Eskapismus eingestellten Zielgruppe nicht enttäuscht werden. Die Solidarität mit Eva liegt ohnehin auf der Hand, die Frage ist bloß: Wird sie den Gatten verlassen, oder lässt sich die Ehe noch retten? Dass sie nicht dem Werben von Lucy nachgeben wird, ist indes von vornherein klar. Der Sendeplatz erlaubt das offenbar nicht.

Dabei sind die beiden Frau ein nicht nur hübsches, sondern auch gut miteinander harmonierendes Paar; die Freundschaftsszenen sind ausgesprochen glaubwürdig. Matthias Schloo kann da als trauriger Dritter nicht ganz mithalten. Dass Philip recht schnöselig rüberkommt, ist natürlich Teil der Rolle. Irgendwas muss Eva aber ja mal an ihm gefunden haben, und das macht Schloo nicht kenntlich, dafür agiert er einfach zu farb- und kantenlos. August Schmölzer ist da naturgemäß aus ganz anderem Holz geschnitzt, auch wenn seine Rolle als Großvater wider Willen ein wandelndes Klischee ist: Bruno widmet sein Dasein als Rentner lieber der Verbesserung seines Handicaps als seinem Enkel, und seine Freundin sieht aus, als sei sie noch minderjährig. Völlig unglaubwürdig, aber wenigstens nett eingefädelt ist seine Liaison mit Evas Nachbarin (Fanny Stavjanik): Dass sich die filigrane Akademikerin auf den grobschlächtigen Bruno einlässt und bereits nach der ersten gemeinsamen Nacht seinen Antrag annimmt, ist ebenso schwer vorstellbar wie die Tatsache, dass diese Dame ein Notstromaggregat im Keller hat; damit hilft sie den beiden jungen Frauen aus der Patsche, als die überforderte Elektrik in Lucys maroder Werkstatt den Geist aufgibt.

Sieht man über die teilweise ziemlich verstaubten Klischees gerade bei den Geschlechterrollen hinweg und stört sich auch nicht daran, dass Lasnigs Bildgestaltung gleichfalls mit den üblichen Freitagsfilm-Stereotypen arbeitet (nur ein Beispiel: Beim Szenenwechsel schwenkt die Kamera vom Himmel auf die Protagonisten), ist „Weiberhaushalt“ durchaus amüsant und längst nicht so ärgerlich wie „Liebe mit Familienanschluss“. (Text-Stand: 16.8.2013)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Mira Bartuschek, Anna Rot, Matthias Schloo, August Schmölzer, Franziska Stavjanik, Felix Staudigl, Hary Prinz, Anja Boche, Werner Prinz

Kamera: Gero Lasnig

Ausstattung: Christine Egger

Schnitt: Sabine Matula

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion, Graf Filmproduktion

Drehbuch: Anna Morgenrot

Regie: Karola Hattop

Quote: 3,9 Mio. Zuschauer (13,3% MA)

EA: 20.09.2013 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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