Wenn die ARD-Tochter Degeto gemeinsame Sache mit dem ORF macht, sind die Ergebnisse in der Regel Tourismuswerbung mit überschaubarer Spielhandlung. Diese Doppelromanze inklusive verbotener Liebe aus der Reihe „Lilly Schönauer“ macht da keine Ausnahme; sehenswert ist hier allenfalls der Wolfgangsee. Ein Naturfilm hätte es auch getan.
Die neue Degeto-Chefin Christine Strobl hat bei ihrem Amtsantritt angekündigt, frischen Wind in die Produktionsfirma zu bringen, deren Geschichten nicht selten wie Relikte aus den Fünfzigerjahren wirken. Noch aber gilt es, die Altlasten abzubauen, und dazu gehört auch „Lilly Schönauer“, ein Fantasiename, hinter dem sich wechselnde Autoren verbergen. Leicht sind die mal in Bayern, mal in Österreich angesiedelten romantischen Geschichten immer, und stets weiß man schon zu Beginn, welcher Deckel auf welchen Topf gehört. Manchmal ist das trotzdem durchaus vergnüglich, meist aber doch recht seicht. Das gilt auch für die Episode „Liebe mit Familienanschluss“, zumal die Handlung trotz der Beteiligung von gleich drei Autorinnen (Sabine Leipert, Julia Neumann, Sabrina Maria Roessel) sattsam bekannt ist: Innenarchitektin Johanna (Marion Mitterhammer) wird mit alten Gefühlen konfrontiert, als unvermutet ihre vor zwanzig Jahren nach Amerika ausgewanderte große Liebe Walter (Miroslav Nemec) am Wolfgangsee auftaucht. Johanna ist gerade dabei, mit Anwalt Klaus (Peter Kremer) zusammenzuziehen; erneut ist sie wie damals, als sie Walter ziehen ließ und sich für ihren Mann entschied, hin und hergerissen zwischen Abenteuer und Sicherheit.
Damit die Geschichte etwas handlungsreicher wird, gibt es noch eine jugendliche Ebene, deren Protagonistin vor einer ähnlichen Entscheidung steht: Johannas Tochter hat sich in einen jungen Austroamerikaner verguckt, der demnächst nach Boston zurückkehrt. Irgend jemand hielt es für unglaublich originell, dass es sich bei diesem Tom um Walters Sohn handelt, woraus der Film ein kleines Geheimnis machen möchte, das man aber umgehend durchschaut. Selbstredend wird Johanna zudem von der Furcht umgetrieben, Marie könnte Walters Tochter sein, aber auch in dieser Hinsicht unterschätzen die Verantwortlichen ihr Publikum, denn diese Zutat aus „Verbotene Liebe“ ist ebenfalls keine Überraschung.
Ärgerlicher als die Vorhersehbarkeiten sind die unübersehbaren Schwächen bei der Schauspielerführung. Karola Hattop hat schon des öfteren bewiesen, dass sie auch aus leichten Stoffen gute Filme machen kann („Der Rekordbeobachter“), aber in „Liebe mit Familienanschluss“ wirken selbst die erfahrenen Hauptdarsteller mitunter wie Amateure, wenn sie künstliche Aufregung mimen müssen oder sich aufdringlich vielsagende Blicke zuwerfen; und die jungen Darsteller sind eher eifrig bemüht als wirklich talentiert. Wenig elegant ist auch die Informationsvermittlung, weil sich die Protagonisten gewissermaßen selbst vorstellen.
Immerhin sind die landschaftlichen Impressionen sinnvoller Teil der Handlung, zumal sich Johanna und Walter zum Rendezvous regelmäßig mit dem Ruderboot einfinden; und wenn Marie für Tom die Fremdenführerin macht, sind die Sehenswürdigkeiten St. Gilgens ebenfalls gut eingebettet. Dass der Film die Gegend von ihren besten Seiten zeigt (Kamera: Gero Lasnig), versteht sich von selbst. Davon abgesehen ist „Liebe mit Familienanschluss“ purer Eskapismus mit einer wenig zeitgemäßen weiblichen Hauptfigur, die bei der zweiten Begegnung mit Walter vor Aufregung nicht mehr weiß, wie ihr Auto funktioniert, und komplett überfordert ist, als der Wagen eine Reifenpanne hat; Fünfzigerjahre eben. Damit die Geschichte und ihre Heldin nicht ganz so verstaubt anmuten, ist Johannas Sohn Max homosexuell, traut sich aber nicht, dies seiner Mutter zu gestehen. Auch da hielt sich jemand für irre originell, weil zunächst nur von „Nicola“ die Rede ist und sich die vermeintliche Freundin später als junger Italiener entpuppt. Aber da Johanna ihren Kindern die Lebensdevise „Folge deinem Herzen“ empfiehlt, gibt es gleich drei Happy Ends. (Text-Stand: 2.8.2013)