Roger und Dinah, Mitte 30, leben das kleine Glück. Sie arbeitet im Supermarkt, er pendelt als Zimmermann von Job zu Job. Sie haben zwei kleine Kinder und sich ein kleines, bescheidenes Häuschen im ostdeutschen Halle erwirtschaftet. Ein Mal in der Woche treffen sie sich mit Freunden beim Formationstanz. Ein Paar wie aus dem Bilderbuch. Das ändert sich, als Rogers Hände immer häufiger zu zittern beginnen und sich sein Körper immer häufiger unkontrolliert bewegt – oder nicht mehr bewegt. Die Diagnose Parkinson ist ein Schock für die Familie. Rogers Hass auf sich und die Anderen stößt bei den Kindern auf Unverständnis. Auch die Ehefrau weiß nicht, ob sie ein Leben unter diesen Bedingungen durchsteht. „Dieses Gefühl ist neu – ich weiß noch nicht, wie ich es halten soll… Bitte lass’ es gut ausgehen!“
Soundtrack: Jan Plewka („Ich lass euch los“); O.S.T. anspielen
Foto: ZDF / Matthias Melster
„Liebeslied“ ist kein herkömmliches Krankendrama. Selig-Sänger Jan Plewka und Nicolette Krebitz treten an zum Musical auf Drama-Kurs. Plewka hat sich mit Band-Kollege Christian Neander die Musik und die Songtexte ausgedacht, und auch Krebitz singt selbst. Das ist der besondere Reiz dieser kleinen Kino-Koproduktion von Anne Hoegh Krohn, die die Songs im Stile von Videoclips inszeniert hat. Was die Franzosen oder Woody Allen („Alle sagen: I love you“) können, warum soll das eine in Deutschland arbeitende Norwegerin nicht auch können?! Wer Popmusik mag, deutsche Texte zwischen Schlager und Poesie, und wer ein Faible für Musicals besitzt, der ist emotional schnell auf der Seite von „Liebeslied“.
Doch die Geschichte, dieses kleine, gut beobachtete Beziehungsdrama, sperrt sich dieser ästhetischen Ausrichtung des Films. Die künstlichen Emotionen des Genres passen nicht so recht zu der Schwere des Themas. Auch wenn das Gegensatzpaar die Lust am Tanz vs. die Last der Nervenkrankheit, das sich auf dem Körper spiegelt, gut gewählt ist, so passen die Emotionen dieser beiden Motive nur schwer zusammen. Weder vermittelt sich die tiefe Tragik der Familiensituation, die der Schicksalsschlag Parkinsonsche Krankheit auslöst, noch lassen sich die Heiterkeit und die Traurigkeit der Songs richtig genießen. Aber nicht nur emotional geht das interessante Erzählkonzept nicht auf. Jedenfalls beflügeln die Pop-Einlagen nicht unbedingt das Nachdenken über den Stoff, über Liebe, Krankheit und die Neudefinierung des Familienglücks. Der V-Effekt verfängt also auch nicht. Was positiv bleibt, ist ein anrührender Bilderbogen zwischen Revue-Einlagen und realistischem Alltags-Grau, einige nachhaltige Songs, die in ihrer Einfachheit groß sind, und Nicolette Krebitz, die den „unmöglichen“ Spagat ihrer sprechenden und singenden Rolle charmant beiläufig meistert. (Text-Stand: 12.4.2011)