Die Produktion, immerhin ein im Auftrag der ARD-Tochter Degeto entstandenes TeamWorx-Werk, beweist wieder einmal den Nachteil des starren ARD-Sendeschemas; als Zwei-Stunden-Drama wäre „Liebe und Tod auf Java“ vermutlich wesentlich fesselnder. Natürlich ist der Film in Wirklichkeit ein Zweiteiler, den das „Erste“ am Stück ausstrahlt. In der Vergangenheit hat der Sender damit einige Male gute Erfahrungen gemacht: Die Strategie verkleinert das Risiko, dass Zuschauer den zweiten Teil gar nicht erst einschalten, weil sie der erste nicht restlos begeistert hat. Das hätte der ARD auch hier passieren können.
Immerhin bietet das Drehbuch von Christian Pfannenschmidt viele Abwechslungen. Die Handlung trägt sich während des Zweiten Weltkriegs auf Java zu. Bis 1939 leben Deutsche und Niederländer auf der indonesischen Insel in friedlicher kolonialer Eintracht nebeneinander. Arthur Landgraf (Michael Mendl) betreibt eine große Tabakplantage und würde es gern sehen, wenn seine burschikose Tochter Hellen (Muriel Baumeister) seine Nachfolge antreten und außerdem eine zweckdienliche Liaison mit dem stellvertretenden holländischen Befehlshaber Joop van Boven (Filip Peeters) eingehen würde. Hellen, stets in Hosen und gern mit Krawatte unterwegs, mag Joop zwar, aber nur als Freund. Ganz andere Gefühle hegt sie dagegen für den jüdischen Emigranten Hans Braun (Francis Fulton-Smith), einen ehemaligen Bankier aus Hamburg, der aber verheiratet ist. Gattin Friedel (Julia Thurnau) verbringt zwar mehr Zeit in Opiumhöhlen als daheim, und Liebe ist das auch nicht mehr, was die beiden verbindet, aber Hans ist eben altmodisch. Als Arthur einem Herzleiden erliegt und aus Nachbarn Kriegsgegner werden, kommt Bewegung in die Handlung, denn nun taucht Hellens Halbbruder Conrad (Sven Martinek) auf und schafft es, den Betrieb erst zu ruinieren und dann an sich zu reißen. Da erweist es sich als ausgesprochen praktisch, dass sich Friedel Braun gewissermaßen selbst aus dem Spiel nimmt und so den Weg für Hans und Hellen freimacht.
Foto: Degeto / Stefan Erhard
Die Geschichte klingt nach der üblichen Degeto-Mixtur, aber gerade die zweite Hälfte weicht doch vom Schema ab. Spätestens mit der Eroberung Javas durch die japanische Armee wird der Ton rau und unangenehm. Umso ärgerlicher, dass sich die Produzenten nicht getraut haben, auf die üblichen Klischees zu verzichten. Conrad ist ein tumber Herrenmensch, der unter dem Pantoffel seiner intriganten Gattin steht. Kein Wunder, dass er sich blendend mit dem deutschen Botschaftssekretär versteht; der heißt Stahlmann und ist derart durch und durch Nazi, dass er in anderem Umfeld eine prima Persiflage abgeben würde. Beide Darsteller, Sönke Möhring (nicht zu verwechseln mit Wotan Wilke Möhring) und Martinek, machen allerdings auch nichts aus ihren Rollen. Das gilt genauso für Muriel Baumeister, die hier die gleiche patente Frau spielt wie sonst auch immer. Fulton-Smith fällt immerhin durch eine verblüffende Ähnlichkeit mit Stacy Keach auf. Die interessanteste Figur ist der Holländer, den Peeters mit einer schillernden Vielschichtigkeit versieht: Einerseits ist seine Liebe zu Hellen ehrlich, andererseits lässt er sich betrunken zu Schlägen hinreißen, als sie sich seinem Werben widersetzt. Ob er später ihr Angebot wahrnimmt, einen Schutzbrief für Hans mit Sex zu bezahlen, lässt der Film offen. Leider bleibt das die einzige Leerstelle dieser Art.
Uneingeschränkt sehenswert ist dafür die Bildgestaltung. Dramaturgisch gesehen mag die Originalität der Lichtsetzung überschaubar sein (heimelig in den Szenen mit Hellen und Hans, kühl und graublau im Gefängnis), aber gerade bei den Innenaufnahmen gelingt es Kameramann Marc Prill, die allgegenwärtige Hitze in flirrende Bilder umzuwandeln; und sein Zwielicht sieht mitunter wie Kunst aus. Umso einfallsloser sind die obligaten Zwischenschnitte auf Himmel, Meer und Landschaften als Kapiteltrenner. Gerade letztere haben mit der Handlung rein gar nichts zu schaffen und sind reines Augenfutter. Aus Sicht ihrer Auftraggeber allerdings hat Regisseurin Heidi Kranz, dank Serien wie „Familie Dr. Kleist“ und diverser „Utta Danella“- und „Inga Lindström“-Filme eine Expertin für leichte Ware, vermutlich alles richtig gemacht. Deshalb sprechen wie immer in den Degeto-Filmen alle deutsch; auch die Einheimischen untereinander. (Text-Stand: 2.3.2013)