Auf den ersten Blick wirkt diese Gemeinschaftsproduktion von ZDF und RAI Fiction wie ein italienischer Film, in dem Tanja Wedhorn mitspielen darf. Auf den zweiten zeigt sich, dass dieser Eindruck zwar korrekt, aber kein Nachteil ist, weil sich der Film auf angenehme Weise vom üblichen „Herzkino“ des ZDF abhebt. „Lebe lieber italienisch!“ bestätigt zwar so gut wie alle Vorurteile, die einem spontan zu Italien einfallen, aber da abgesehen von Regisseur Olaf Kreinsen fast alle wichtigen Positionen hinter der Kamera in einheimischer Hand waren, treiben die Italiener selbst ihr Spiel mit den Klischees. Davon abgesehen ist es dem weiblichen Autorenduo Cecilia Calvi und Anna Samueli gelungen, die zunächst vorhersehbar wirkende Entwicklung der Ereignisse im weiteren Verlauf der Handlung in eine völlig andere Richtung zu verändern, so dass sich der Film erfolgreich allen Genre-Erwartungen widersetzt.
Die Geschichte beginnt mit einem Anruf: Paolo Sanseviero (Alessandro Preziosi), italienischer Professor für Robotik an einer deutschen Universität, wird von seinem Bruder Antonio (Peppino Mazzotta) über den bevorstehenden Tod der Mutter informiert. Paolo steht vor einem großen Karriereschritt, lässt aber natürlich alles stehen und liegen und reist zum ersten Mal seit zwanzig Jahren samt Gattin Martina (Wedhorn) wieder ins heimische Apulien; der gemeinsame Sohn Florian (Patrick Mölleken) kommt später nach. Im Südosten Italiens stellt sich heraus, dass die Mutter (Nunzia Schiano) putzmunter ist: Antonio hat den Bruder hergelockt, weil der familieneigene Olivenbetrieb pleite ist und die Plantage verkauft werden soll; dafür braucht er Paolos Unterschrift. Der aber entdeckt die Liebe zur Heimat neu und will den maroden Hof auf Vordermann bringen. Martina ist zwar überrascht, aber weil der zuletzt auf seine Arbeit fixierte Gatte ganz neue Seiten offenbart, lässt sie ihn gewähren.
Foto: ZDF / RAI / Lupoli
Bis hierhin ist „Lebe lieber italienisch!“ der übliche Sonntagsfilm, zumal auch noch eine rassige Jugendliebe auftaucht, und als ihre nicht minder attraktive Tochter Maria irgendwann mit Florian flirtet, fürchtet Paolo prompt eine verbotene Liebe. Aber was anderswo ein Hauptstrang der Erzählung geworden wäre, wird hier alsbald zur Fußnote, denn ein anderes Ereignis aus der Vergangenheit wird ungleich bedeutsamer. Paolo hat seine Heimat einst einem traumatischen Erlebnis fluchtartig verlassen: Er musste damals mit ansehen, wie der Wagen seines Vaters ein Brückengeländer durchbrach und in die Tiefe stürzte; kurz zuvor hatten beide einen heftigen Streit. Aber die ganze Wahrheit ist weitaus komplexer.
Kreinsen, dank diverser Serienstaffeln („Motorrad-Cops“, „Familienanwältin“, „Soko Kitzbühel“) ausgesprochen erfahren, ist kein typischer Sonntagsfilmregisseur; seine Arbeiten für die sogenannten frauenaffinen Sendeplätze („Die Dienstagsfrauen“) fallen indes gern mal aus dem Raster. Er inszeniert „Lebe lieber italienisch!“ zwar nicht auffallend ungewöhnlich, verzichtet aber mit Ausnahme der Prologbilder zum Beispiel auf die üblichen Landschaftsschwelgereien. Gerade die ausnahmslos interessant besetzten (und zudem glaubwürdig synchronisierten) einheimischen Darsteller sind gut geführt; Alessandro Preziosi muss zwar zu oft seine Brille zurecht rücken, ist aber ein charismatischer Typ. Sehenswert ist der Film jedoch vor allem wegen der facettenreichen Handlung, die sich dank der vielen überraschenden Wendungen vom Ehedrama zur Liebesgeschichte wandelt und schließlich sogar Züge eines Krimis annimmt, als sich rausstellt, dass Paolos Vater ermordet worden ist.