Lamorte

Senta Berger, Nicole Heesters, Christiane Hörbiger & neun weitere Schauspielerinnen

Foto: BR / Teamfilm / Brandenstein
Foto Rainer Tittelbach

Zwölf Frauen lassen Regisseur und Kameramann Xaver Schwarzenberger und seine Frau, die Autorin und Cutterin Ulli Schwarzenberger, für ihren Film „Lamorte“ (Kunstwort aus L’amour & Mort = Liebe & Tod) in einem Berghotel zusammenkommen. Was als vergnügliches Klassentreffen, 30 Jahre nach dem Abitur, gedacht war, entwickelt sich zu einer Begegnung mit den eigenen Sehnsüchten, mit Hoffnungen und (Todes-)Ängsten. Ein Film, der Larmoyanz durch Menschlichkeit ersetzt. Ein altmodischer Film von erlesener Eleganz.

Wie man einen Film ohne Männer drehen kann, machte einst George Cukor mit seinem momumentalen Kammerspiel „Frauen“ vor. Ein halbes Jahrhundert später verzichtet auch der Ästhet unter den deutschsprachigen Fernsehregisseuren, Xaver Schwarzenberger, einst Kameramann bei Fassbinder, weitgehend auf Mannsbilder. Zwölf Frauen lassen er und seine Frau, die Autorin und Cutterin Ulli Schwarzenberger, für ihren Film „Lamorte“ (Kunstwort aus L’amour & Mort = Liebe & Tod) in einem Berghotel zusammenkommen. Was als vergnügliches Klassentreffen, 30 Jahre nach dem Abitur, gedacht war, entwickelt sich zu einer Begegnung mit den eigenen Sehnsüchten, mit Hoffnungen und (Todes-)Ängsten.

Und da kommen sie nun: die reife Motorradbiene mit Alkoholproblemen, die konkursgeplagte Zynikerin, die bleiche Konzernpräsidentin, das zur unterwürfigen Matrone mutierte süße Mädel von einst oder das betuliche Hausmütterchen mit kleinem Hirn und großem Herz. 12 Frauen um die 50, mehr oder weniger verbiestert, erschöpft, missgünstig. Eben wie früher: dieselben Eifersüchteleien und Streitigkeiten. Wo Männer sich prügeln, gebrauchen Frauen ihr Mundwerk. „Arrogante Gans“ tuschelt die eine über die andere – „und geliftet“, ergänzt die Dritte. Die angespannte Stimmung steigt. Höhepunkt ist die abendliche Beichte der Initiatorin des Treffens: sie werde bald sterben, sagt sie – und sie hat noch eine Bitte…

Zwischen „Frauen“ und „Lamorte“ liegen die 70er Jahre – die weibliche Emanzipation. Die Männer sind nicht mehr Gesprächsthema Nummer 1, dafür reicht der Friseur als Therapeut schon längst nicht mehr. „Ich finde es schon gut, dass dieses Klischee von der Powerfrau mit 50 langsam in die Köpfe dringt, denn bis jetzt war die Frau über 50 Abfall, Matrone. Gut, dass einer Frau ab 50 Sexualität zugebilligt wird“, betont Dolores Schmidinger, Kabarettistin und „Josefstadt“-Ensemblemitglied. „Und ich find‘ es schön“, so das Enfant terrible der Wiener Szene, „dass auch immer mehr Männer ihre Schwierigkeit mit ihrer Midlife Crisis haben.“

LamorteFoto: BR / Teamfilm / Brandenstein
Die Frisur hält. Dank Drei Wetter Taft? Iris (Nicole Heesters) gibt für ihre einstigen Schulfreundinnen ein Fest. Da gibt’s für die Haushälterin (Inge Konradi) viel zu tun.

Wirklichkeit und Fiktion durchdringen sich in Schwarzenbergers Film. Die verhandelten Ängste sind schlechthin die Ängste der Frauen um die 50. Auf die Idee kam Ulli Schwarzenberger durch ihr eigenes Klassentreffen. „Ich war davon beeindruckt, dass keine angegeben hat. Denen es schlecht ging, die haben das genauso freimütig erzählt, wie andere, die das große Los gezogen haben.“ Das filmische Klassentreffen wurde zu einer Art Klassentreffen einer österreichischen Schauspielerinnen-Generation: Nicole Heesters, Gertraud Jesserer, Senta Berger, Christiane Hörbiger. „Frauen, mit denen ich in Wien angefangen habe, die ich aber zum Teil sehr lange nicht gesehen habe“, erinnert sich Senta Berger.

In einigen Rollen mag Biographisches versteckt sein, in anderen werden Images eher auf den Kopf gestellt. Gertraud Jesserer, Witwe von Peter Vogel („Kottan“), ihr Sohn war Fotoreporter und wurde erschossen, hat mental mit ihrer Fritzi schon einiges gemeinsam: aufopferungsvoll, bescheiden, kein Glamour. Besonders attraktiv dagegen: Senta Berger. „Susa, das bin nicht ich“, ist ihr wichtig, „aber ihre Erfahrung kann ich gut nachvollziehen. Die Rolle deckt sich mit meiner Vorstellungskraft.“ Und die erklärte Feministin Schmidinger („Marilyn Monroe wäre heute zu dick“) mimt ausgerechnet das Muttchen mit fünf Kindern. „Lamorte“, das ist midlife-krisengeschüttelte Larmoyanz, die der verschütteten Menschlichkeit Platz macht, und zugleich ein altmodischer Film von erlesener Eleganz. (Text-Stand: 1997)

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Fernsehfilm

BR, ORF

Mit Senta Berger, Nicole Heesters, Christiane Hörbiger, Elfriede Irrall, Gertraud Jesserer, Inge Konradi, Lotte Ledl, Paola Loew, Else Ludwig, Ulli Philipp, Hertha Schell, Dolores Schmidinger, Bibiana Zeller, Elfriede Irral, Friedrich von Thun, Max von Thun

Kamera: Xaver Schwarzenberger

Szenenbild: Rudolf Czettel

Kostüm: Birgit Hutter

Musik: Mathias Rüegg

Produktionsfirma: Teamfilm Produktion

Drehbuch: Ulli Schwarzenberger

Regie: Xaver Schwarzenberger

EA: 28.05.1997 20:15 Uhr | ARD

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