Eine schöne Idee. Horst Krause, bekannt als Polizeihauptmeister in der brandenburgischen Pampa, der der Berliner Kommissarin im rbb-„Polizeiruf 110“ seit mehreren Jahren mit Herz, Hund und Motorrad helfend zur Seite steht, darf in „Krauses Fest“ einmal mehr zeigen, als das Krimi-Muster erlaubt. Der dicke Polizist mit der etwas zu knappen Uniform ist – wie sich besonders auch in dem Weihnachts-Special zeigt – ein Genussmensch, bei dem die Liebe vor allem durch den Magen geht. Schon in der ersten Szene des Films von Bernd Böhlich wird kräftig probiert, Eisbein, Hirschgulasch: schließlich soll das Weihnachtsessen lecker werden.
Auch sonst scheint alles bestens geregelt in Schönhorst. Im Gasthof Krause, der geführt wird von den beiden Schwestern des Dorfpolizisten, vertreibt man sich die Langeweile und in der Kirche wärmt man die Seele – nur der Stress mit den Beziehungen und dem lieben Geld machen auch vor der brandenburgischen Landbevölkerung nicht halt. Der Dorfsingle sehnt sich nach einer besseren Hälfte, ein streitendes Ehepaar, das zum Skiurlaub aufbrechen möchte, kommt über die Dorfgrenze nicht hinaus, und ein Landwirt wird zum Versicherungsbetrüger. Doch Krause lässt Gnade vor Recht walten. In diese aufgeräumte Welt verläuft sich eine Berlinerin mit ihrem Sohn. Eine Wagenpanne zwingt die unglücklich verliebte Frau, sich im Gasthof der Krauses einzuquartieren. Mutter wie Sohn freunden sich schnell mit dem Polizisten an. Bei Krause weckt die Frau Erinnerungen an seine große Liebe.
Foto: RBB / Conny Klein
Der Gemütsmensch Krause bestimmt die Tonlage des Films. Hier wird nicht gehetzt, hier wird nicht übermäßig gemenschelt. In „Krauses Fest“ wird ein Alltag gelebt, der mehr skurrile Poesie als spontanen Witz verspricht. Auch etwas Melancholie verströmt die Geschichte mit seinen liebenswerten Menschen. Die Schauspieler scheinen identisch mit ihren Rollen, besonders die Hauptfigur. „Krause ist ein Mann aus dem Volk, das liegt mir“, so Horst Krause. Nicht umsonst heißt seine Figur auch im Film Horst Krause. „Die Menschen, die Zuschauer, kennen mich und ich fühle mich verstanden.“
Erst nach der Wiedervereinigung konnte Krause zeigen, was in ihm steckt. In Detlev Bucks „Wir können auch anders“ war er ebenso überzeugend wie in „Schultze Gets The Blues“. In solchen Rollen sieht man, dass mehr in dem 100-Kilo-Mann steckt als das Zeug für den komischen Dicken, der nur für Nebenrollen gut ist. Unangestrengt spielt der Mann mit dem Bürstenschnitt seinen Krause – und mehr noch als in den Episoden des „Polizeirufs“ wird er hier nicht zur Witzfigur degradiert. Das Augenzwinkern verteilt Autor und Regisseur Böhlich gleichmäßig auf alle Protagonisten. Weil neben Dominik Horwitz und Ingo Naujoks vor allem tolle Ost-Schauspieler wie Gabriela Maria Schmeide und Carmen Maja Antoni das ostdeutsche Filmdorf bevölkern, ist „Krauses Fest“ auch lesbar als wehmütiger Abgesang auf die gelebte Gemeinschaft in der untergegangenen DDR. (Text-Stand: 19.12.2007)