“Klinikum Berlin Mitte” erzählt vom Alltag in einer Notaufnahme im Zentrum der neuen Hauptstadt. Es herrscht Dauerstress, Menschenleben werden gerettet im Sekundentakt, für das private Glück bleibt da nur wenig Zeit. Wer “Emergency Room” kennt, merkt sofort, dass diese rasante US-Serie (mit George Clooney) aus dem Spielberg-Stall hier Pate stand. “Was Tempo, Bildsprache und Inszenierung angeht, war ‘ER’ unser großes Vorbild”, sagt denn auch die verantwortliche Pro-Sieben-Redakteurin Edda Sonnemann. Mit dem 12-fachen Em- my-Gewinner kann die erste Folge von “Klinikum Berlin Mitte” gut mithalten.
Ein Tag “Leben in Bereitschaft”: Da sind zwei sympathische Assistenzärzte, ein Frauenheld (Francis Fulton-Smith) und ein Familienvater (Thomas B. Martin), dazu die alleinerziehende Frau Dr. Jungblut (Anke Sevenich). Es gibt außerdem eine attraktive Anästhe- sistin (Rita Lengyel), einen AiPler, zwei Schwestern, zwei Oberärzte, einen Kotzbrocken (Dirk Martens) und einen sanften Engel (Denise Virieux), und den launischen Klinikchef (Hans-Martin Stier).
Als sei man schon länger Gast in der Berliner Klinik, prägt man sich das Personal rasch ein. Und fast genau so schnell hat man eine “Beziehung” zu ihnen. Wie bei “Emergency Room” steht das Team im Mittelpunkt. Der Alltag bestimmt die Geschichten, die Wahrnehmung der Helden die Dramaturgie: rasche Reizwechsel, hohes Tempo – so ist das Leben in der Notaufnahme. Und der Berliner Alltag bietet einiges: Fünf, sechs Fälle kommen pro Folge zur Behandlung. Außerdem wird mit echtem medizinischen Gerät hantiert, selbst Diagnosen, Dialoge und Medikamentierung seien außerordentlich realistisch. “Anders als ‘ER’ lassen wir uns schon mehr Zeit für die Patienten-Schicksale”, sagt Sonnemann. Bei “Emergency Room” werden ja oft die krassesten medizinischen Fälle im Vorbeigehen erzählt. Auch mit dem Kamera-Gewackel der US-Serie hält sich die deutsche Serie zurück.
“Klinikum Berlin Mitte” erzählt von der Verstrickung von Job und Privatleben. Dabei werden zwar beliebte Rollen-Stereotypen wie der charmante Single oder der Ehemann mit dem schlechten Gewissen reanimiert, aber durch die offene Dramaturgie gleichermaßen relativiert. Die privaten Beziehungen bekommt man hier und jetzt nicht in den Griff, denn da geht schon wieder der Pieper und Herr oder Frau Doktor müssen rein in den OP. (Text-Stand: 2000)