Sie sind es leid, vom Jugendamt immer nur hin und her geschubst zu werden. Also nehmen die Waisenkinder Mel und Tommi in der märchenhaft-skurrilen Familienkomödie „Kidnapping Mom & Dad“ ihr Schicksal selbst in die Hand. Ausgerechnet ein (anfangs noch) erfolgreiches und wenig chaoserprobtes Anwaltspärchen haben sich die zwei als neue Eltern ausgesucht. Zwar träumt Roger (Jan Josef Liefers) von „Family“, doch Katrin (Ann-Kathrin Kramer) hat nur ihre Karriere im Kopf und nimmt sogar noch den Laptop mit ins Bett. Also müssen die Kids auf nicht ganz legale Weise die beiden Yuppies zu ihrem Familienglück zwingen.
Was wie eine schräge Social-Comedy à la „Eine Familie zum Knutschen“ beginnt und einige Anleihen beim Kino-Megahit „Kevin allein zu Haus“ nimmt, entwickelt sich nach und nach zu einer Familienkomödie mit Herz und sehr viel Witz. Immer wieder kollidieren Kinder- und Erwachsenenlogik lustvoll miteinander. Eine Verfolgungsjagd in einem kunterbunten Kinderkaufhaus ist einer der Höhepunkte des sympathischen kleinen Familienfilms.
Kai Wessel, einer für anspruchsvolle Stoffe wie die „Klemperer“-Tagebücher oder „Sperling“, hat die Pro-Sieben-Produktion nach einer amerikanischen Vorlage inszeniert. Die Regie angenommen, habe er, weil er gern mit Kindern drehe „und weil die Komödie einen romantischen Boden hat“. Es sei aber nicht leicht, einen amerikanischen Stoff auf deutsche Sehgewohnheiten zu übertragen. „Wir haben versucht, Geschichte und Ambiente ein bisschen märchenhaft-phantastisch anzulegen.“ Die radikale Komik der Geschichte sei allerdings zunächst einmal sehr undeutsch. Motto: Hauptsache Spaß – die Botschaft muss warten. „Bei den Amerikanern geht so was viel selbstverständlicher. Sie fabulieren mit einem Erzähldrang, egal ob da Realität im Wege steht oder nicht.“ Konkrete Vorbilder habe er keine im Auge. Bei Pro Sieben sind Maßstäbe fürs Genre und den erhofften Erfolg die „Kevin“-Filme. Wessel: „Ich finde aber, unser Film ist wesentlich poetischer und romantischer geworden.“ In Richtung Hollywood habe er sich allerdings ganz bewusst beim Soundtrack orientiert. Musikalisch werden Erinnerungen an Spielberg-Produktionen wach. „E.T.“ lässt grüßen!
„Die Dreharbeiten hatten ein bisschen was von Urlaub“, sagt Wessel, der für Pro Sieben bereits zwei „Alles-außer-Mord“-Episoden gedreht hat. Fünf Wochen im Sommer an einer Villa am See – da hätten die Profis Jan Josef Liefers und Ann-Kathrin Kramer mit den großartig aufspielenden Filmkindern Laura Charlotte Syniawa & Mitja Danie Krebs („Fatale Mutterliebe“) auch allerhand Spaß zusammen gehabt. (Text-Stand: 5.5.1998)