Ähnlich wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gilt Alfred Hitchcocks tiefschwarzer Klassiker „Immer Ärger mit Harry“ als Prototyp eines eigenen Komödiengenres: Seither müssen sich Filme, in denen jemand eine Leiche loswerden will, am boshaften Humor des „Masters of Suspense“ messen lassen. Das Trio Heike Sperling und Koproduzent Valentin Holch (Buch) sowie Friederike Heß (Regie) erzählt eine völlig andere Geschichte, kommt dem vor sieben Jahrzehnten entstandenen Vorbild aber zumindest mit Blick auf den makabren Tonfall erfreulich nahe. All’ jene, die es nicht lustig finden, wenn auf der Totenruhe herumgetrampelt wird (und das durchaus buchstäblich), sollten diesen Film daher besser meiden. Gleiches gilt für Menschen, die es nur schwer aushalten können, wenn sympathische Figuren permanent am Rand des Abgrunds wandeln.
Foto: ZDF / Boris Laewen
Für alle anderen ist „Keine Scheidung ohne Leiche“ jedoch ein großer Spaß: Tom und Nina Eichkamp (Tom Beck, Henrike Fehrs) führen eine gemeinsame Hochzeitsagentur, sind aber mehr als trennungswillig. Nun konfrontiert das Schicksal die beiden jedoch mit einer Herausforderung, die sie nur bewältigen können, wenn sie sich ein letztes Mal zusammenraufen. Dieses Szenario funktioniert allerdings nur, wenn das Publikum eine etwas wacklige Voraussetzung akzeptiert: Nach einem gemeinsam begangenen Totschlag aus Versehen rufen die beiden nicht die Polizei, sondern versuchen, die Tat zu vertuschen.
In einem kurzen Prolog stellt Paartherapeut Michael Seelen (Friedrich Liechtenstein) aus dem Off die Eichkamps vor, während die beiden seinen Leichnam auf einem Lastenrad durch die Stadt transportieren. Eine Rückblende erklärt, warum sein letzter Therapieversuch ein abruptes Ende fand: Weil er seine Klientel regelmäßig auffordert, sich beim Umgang miteinander ein Beispiel an den sanftmütigen Giraffen zu nehmen, enthält seine Praxis ein kunterbuntes Sammelsurium dieser Tiere in allen möglichen Formen, Größen und Farben. Als Tom und Nina um eine Skulptur rangeln, gerät der Therapeut gewissermaßen in die Schusslinie. Weil just in diesem Moment die „Polizei“ vor der Tür steht, wickeln sie den Toten kurzerhand in einen Teppich, verwischen alle Spuren und verschwinden.
Foto: ZDF / Boris Laewen
Soundtrack: The White Stripes („Button To Button”), Talking Heads („Psycho Killer“), Aretha Franklin („I Say A Little Prayer”), Survivor („Eye Of The Tiger”), Friedrich Liechtenstein („Eisbär“), Gloria Gaynor („I Will Survivor”), The Black Keys („Howlin’ For You”), Johann Strauss („An der schönen blauen Donau”), Richard Strauss („Also sprach Zarathustra”), Giaccomo Puccini („O mio babbino caro” aus der Oper „Gianni Schicchi”)
Das Drehbuch vertraut allerdings nicht allein auf die Frage, was das zukünftige Ex-Paar mit dem Leichnam anstellt. Die uniformierte Frau, die sich als Polizistin ausgegeben hat, ist in Wirklichkeit bloß vom Ordnungsamt, aber dem nunmehr verblichenen Therapeuten innigst zugetan. Die Dame trägt den etwas komplizierten Namen Anastasia Charalampopoulos. „Fantastasia“ würde ebenfalls passen, denn ihr vermeintliches kriminalistisches Gespür hat sich zum Leidwesen ihrer Nichte Irina (Julia Liebetrau), einer echten Kommissarin, schon des Öfteren als Hirngespinst erwiesen. Zunächst ist Anastasia ohnehin auf dem Holzweg: Als sie rausfindet, wer zuletzt bei ihrem Verlobten war, ist sie überzeugt, der geliebte Michael habe sie mit den Plänen für die gemeinsame Hochzeit überraschen wollen. Erst später kommt ihr die Idee, dass sich Nina in den Therapeuten verliebt haben könnte, woraufhin der eifersüchtige Tom ihn erschlagen hat; die kitschig überhöhte imaginierte Szene ist pure Parodie.
Nina Vorbrodt macht in ihrer Rolle als kriminalisierende Walküre mindestens ebenso viel Spaß wie Tom Beck und Henrike Fehrs. Beck hat zumindest physisch die anspruchsvollste Rolle, denn der vorübergehend tatsächlich unter Strom stehende Tom muss nicht nur bildlich die Last dieser speziellen Aufgabe schultern. Was dem Leichnam im Verlauf der Handlung widerfährt, würde genügen, um Seelen noch einige weitere Male ins Jenseits zu befördern. Wenn nicht alles täuscht, hatten Sperling und Holch ein großes Vergnügen daran, den bedauernswerten Tom in immer wieder neue Malaisen zu stürzen; irgendwann steckt er zu allem Überfluss eine Weile gemeinsam mit dem Toten in einem Eisbärkostüm.
Im Vergleich zu den ständigen Turbulenzen, Missverständnissen, Slapstickszenen und inhaltlichen Richtungswechseln wirkt die Inszenierung fast zurückhaltend. Auf diese Weise hat es Heß klug vermieden, dass der Film in Klamauk ausartet. Einzig Désirée Nick trägt in einer kleinen Nebenrolle ihrem Image gemäß zu dick auf, aber das stört nicht weiter. Für viel Pläsier sorgt zudem die Liebe zum Detail: In einer Szene kommuniziert das Paar quasi telepathisch, die Untertitel sind im geschwungenen Stil des Vorspanns gestaltet. Auch die musikalischen Zitate, darunter der von Liechtenstein selbst gesungene NDW-Hit „Eisbär“, sind eine große Freude.