KDD Kriminaldauerdienst – Staffel 3

"KDD" behandelt keine Fälle, sondern erzählt Geschichten und sucht Realismus-Effekte. Kommunikationsmuster dominieren über die klassische Dramaturgie.

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„KDD –  Kriminaldauerdienst“ stellt alles in der Krimiserie hierzulande Gültige auf den Kopf. Die Form bestimmt den Inhalt. Deshalb ist es nur konsequent, auch die Kritik der dritten Staffel auf den Kopf zu stellen. Dramaturgie zuerst, danach die Storys. Wer es lieber deskriptiv statt analytisch mag, der lese die weniger abgehobenen Artikel zu „KDD: Staffel 1“ und „KDD: Staffel 2“. Die dritte ist die letzte Staffel – und die beste, weil souveränste!

„KDD –  Kriminaldauerdienst“ stellt alles in der Krimiserie hierzulande Gültige auf den Kopf. Die Form bestimmt den Inhalt. Deshalb ist es nur konsequent, auch die Kritik der dritten Staffel auf den Kopf zu stellen. Dramaturgie zuerst, danach die Storys. Wer es lieber deskriptiv statt analytisch mag, der lese die weniger abgehobenen Artikel zu „KDD: Staffel 1“ und „KDD: Staffel 2“. Die dritte ist die letzte Staffel – und die beste, weil souveränste!

Das ästhetische Prinzip
„KDD – Kriminaldauerdienst“ ist wieder da. Die dritte und letzte Staffel. Die ZDF-Serie, die nun von Arte mitfinanziert wird, will zum großen Finale noch etwas besser „verstanden“ werden. Zu Beginn jeder Folge werden deshalb alte Situationen wiederholt, doch es ist mehr als das übliche „Was bisher geschah“. Das bereits Gezeigte wird noch einmal in einen anderen Zusammenhang gestellt oder aus einer anderen Perspektive weitererzählt. Die Wirklichkeit der Serie wird wie die Realität realer Menschen als komplexes Netzwerk begriffen. So weit es geht in einer TV-Serie, wird das lineare Erzählen aufgebrochen. Man kann sich jede x-beliebige Szene von „KDD“ anschauen – immer wird versucht, das Muster „Anfang, Mitte, Ende“ dem Zuschauer nicht brav vorzukauen, sondern ihm stattdessen nach und nach die Informationen zu geben, die er braucht, um das nötige Interesse aufzubauen. Voraussetzung ist eine gewisse Neugier. Dramaturgisch wird der größtmögliche Realismuseffekt angestrebt, der mit ästhetischer Spannung vereinbar ist. Die Szenen sind der menschlichen Kommunikation nachempfunden. Klarheit muss sich der Zuschauer selbst verschaffen. Erst im Gespräch, das selten ein gepflegter Dialog ist, kristallisieren sich oft erst nach und nach die Besonderheiten einzelner Situationen heraus oder werden die Motive der Betroffenen deutlich. Menschliches Verhalten und Wahrnehmung werden dem modernen Alltagsleben abgelauscht, in dem schließlich auch niemand mit einer aufgeräumten Exposition den Tag beginnt.

KDD Kriminaldauerdienst – Staffel 3Foto: ZDF / Volker Roloff
Während die LKA-Beamtin Carla Wagner (Henny Reents) versucht, Mehmet Kilic (Billey Demirtas) von einem Undercover-Einsatz zu überzeugen, sind Dienstgruppenleiter Helmut Enders (Götz Schubert) und Karsten Stieglitz (Michael Rotschopf) dagegen.

Form ist Inhalt, Inhalt Form
Man kann über Geschichten reden, über Schicksale, über Emotionen. In den ersten drei Folgen der neuen „KDD“-Staffel geht es um kleine und große Dramen. Die Tarnung eines LKA-Manns fliegt auf, er wird liquidiert. KDD-Mann Mehmet entpuppt sich als Junkie und Mörder. Die schöne Sylvia rettet eine Hip-Hop-Sängerin und wird zur Berliner Polizei-Werbe-Ikone. Die frisch verliebte Kristin bekommt Ärger wegen ihres kriminellen „Ziehsohns“ aus dem Kosovo. Der gute Mensch Leo scheint momentan vor allem Sex im Kopf zu haben und Dienstgruppenleiter Enders will nun doch noch seine Ehe retten… Man kann beschreiben, was passiert. Aber das Besondere an „KDD“ ist die Art und Weise, wie die Krimi-Geschichten erzählt werden. Das Wie gibt dem Erzählten seine ganz spezifische Färbung. Da taucht beispielsweise in der dritten Folge ein Mann auf dem Polizeirevier auf, um eine Vermisstenanzeige der eigenen Person aufzugeben. Sylvester Groth spielt diesen Mann ohne Eigenschaften, der sich selbst verloren hat – in zwei, drei kurzen Montage-Schnipseln. In einer klassisch erzählten Serie könnte so ein lebensphilosophischer Exkurs hochnotpeinlich werden, in „KDD“ schwingt diese Geschichte leise am Rande mit. Für einen Krimi ist das Besondere an „KDD“, dass hier keine Fälle behandelt, sondern Geschichten erzählt werden. Die Serie ist aufgebaut wie ein Musikstück. Es gibt Leitmotive und Wiederholungen, (hohes) Tempo, Rhythmus und Themen-Variationen. Aus der Form ergibt sich der Inhalt. Und da man – trotz Festplattenkultur – gute CDs noch immer am Stück hören muss, versteht es sich von selbst, dass man die acht neuen Folgen am besten am Stück gucken sollte.

Krönender Abschluss
Die erste Staffel von „KDD“ schrieb deutsche Fernsehgeschichte, die dritte Staffel ist die beste. In der ersten passierte den KDDlern zu viel. Diese Schicksalsträchtigkeit vertrug sich nicht mit dem formalen Prinzip der Serie. In der zweiten Staffel sollten die Figuren nicht mehr von Dauerkrisen gebeutelt werden und zwischenzeitlich auch ein paar Glücksmomente erleben. Im Vergleich mit der ersten, mag das stimmen, doch erst die dritte Staffel findet nun einen stimmigen Gesamt-Ton: die Fülle an Handlung und die Glaubwürdigkeit der Charaktere steht sich nicht mehr im Weg. Bei aller Hektik wirkt der Rhythmus der Filme souverän, gelassen, selbstsicher. Die Macher der Serie waren offenbar befreit vom Dauerdruck, sich etwas beweisen zu müssen. (Text-Stand: 12.1.2010)

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Mit Götz Schubert, Saskia Vester, Manfred Zapatka, Barnaby Metschurat, Melika Foroutan, Jördis Triebel, Johanna Gastdorf, Uwe Bohm, Laura Tonke

Kamera: Benjamin Dernbecher, Heinz Wehsling

Schnitt: Bernd Euscher, Andreas Althoff

Musik: Christoph Kaiser

Produktionsfirma: Hofmann & Voges

Produktion: Kathrin Breininger

Drehbuch: Orkun Ertener

Regie: Christian Zübert, Andreas Prochaska

EA: 12.01.2010 22:15 Uhr | Arte

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