Der Retrokult boomt. Kein Wunder, dass der Bayerische Rundfunk seine Kultserie “Irgendwie und Sowieso” unter diesen zeitgeistlichen Vorzeichen mal wieder aus dem Archiv geholt hat. Und damit nicht nur die Fans weißblauer Provinz-Rock-Romantik aufmerksam werden auf Franz Xaver Bogners 12-teilige Serien-Kuriosität, hat man kurzerhand den Untertitel “Geschichten vom Lande” in das hippere, aber irreführende “Geschichten von 68” umgetauft.
Wer glaubt, hier ins Schwabinger Flower-Power-Milieu eintauchen zu können, sieht sich getäuscht. Nur in einer Folge wandeln die drei männlichen Helden auf den Spuren der Münchner Hippie-Schickeria. Sonst geht es – zumindest für heutige Verhältnisse – eher gediegen zu. Die Honoratioren des Dorfes, in dem die drei ihr schräges Bauern-, Philosophen- und Ami-Schlitten-Bastler-Leben leben, sehen das natürlich ganz anders: überall diese Beziehungskisten, dieses Rumgegammle und Rumgerase mit den coolen Karossen und dann diese laute Rockmusik statt der heimischen Blaskapelle!
Zwischen Liebe, Spaß, Sehnsucht und Melancholie bewegen sich die Geschichten. Bogner hat teilweise seine eigenen Provinzerfahrungen in der Serie verarbeitet. “Was in der Stadt als Rebellion ausgegeben wird, das kenne ich vom Dorf seit meiner Kindheit – die 68er-Ereignisse spiegeln sich da eben nicht so weltbewegend. Das lief da anders.“ Politik fließt nur beiläufig in den (Serien-)Alltag. Elmar Weppers Sepp ist ein Polizei- und Jägerhasser und Robert Giggenbachs Effendi ein klugschwätzender Nickelbrillen-Marxist, den die Praxis immer wieder einholt. Die Helden, die nichts von Erwachsenwerden halten, suchen auch schon mal ihr Heil beim Ashram in Poona. Sonst geht’s eher bodenständig zu. Die Politik hinter dem Horizont Oberbayerns, Prag, Vietnam, Berlin, die findet vornehmlich als TV-Tapete statt.
“Irgendwie und Sowieso” ist ein doppelt nostalgisches Vergnügen. Die Serie, die von den 68er-Zeiten erzählt, die 17 Jahre später gedreht wurde und jetzt, 25 Jahre später, noch einmal gesendet wird, ist ein Klassentreffen von Schauspielern, die fast alle Karrieresprünge gemacht haben, teilweise sogar Stars sind. Da sieht der Zuschauer, ähnlich wie in der “70er Show” und “80er Show”, dass auch die Promis dem Wandel der Moden und Zeiten unterliegen und auch nicht jünger werden. “Wie sah der denn aus?! Noch so jung! Noch so dünn!” wird es vor den Fernsehern tönen, wenn man Schauspieler wie Ottfried Fischer, Michaela May, Uwe Ochsenknecht, Hannelore Elsner, Bruno Jonas oder Michael Fitz mit Schlag-Jeans und Fransen-Look in der Serie erblickt. (Text-Stand: 2003)