„Ich hoffe, ein Junge, der den Film gesehen hat und der von seinem Vater missbraucht wurde, zeigt morgen seinen Vater an“, sagt Renan Demirkan im Zusammenhang mit dem Pro-Sieben-Anwaltskrimi „Inzest – Ein Fall für Sina Teufel“. Ein Film, der keine Spekulation mit dem Thema betreibt und von Grimme-Preisträger Klaus Emmerich, bekannt durch den Mehrteiler „Rote Erde“ und die Journalistenserie „Reporter“, unspektakulär inszeniert wurde.
„In einem Film über Missbrauch will ich die Verurteilung sehen. Ich würde den Täter den Garaus machen, ihn bis in den letzten Muskel seines Körpers auseinandernehmen“, so die Schauspielerin, die bekannt ist für ihr privates Engagement. Irgendwann müsse Schluss sein mit der Sozialarbeitermasche. „Mord an Kinderseelen verdient die höchste Strafe!“ Doch in dem Pro-Sieben-Krimi wird der Täter gleich zu Beginn umgebracht. Für Wut und Rachegelüste bleibt wenig Zeit. Der Mord muss aufgeklärt werden.
„Inzest – Ein Fall für Sina Teufel“ in der Kurzkritik (1996):
Der Anwaltskrimi ist für eine Pro-Sieben-Produktion angenehm zurückhaltend und unspektakulär inszeniert. Regisseur Klaus Emmerich verzichtete auf Spannungsmache und voyeuristische Effekte. So findet der Mord zu Beginn weniger im Bild als im Kopf des Zuschauers statt. Umgekehrt werden umso eindrucksvoller die Langzeitwirkungen von Kindesmissbrauch gezeigt… Und Renan Demirkan, Augen und Körper in vollem Einsatz, spielt die Anwältin nicht übermäßig sympathisch. Gerade das aber machte sie sympathisch im Fernsehen der Helfer und Samariter. Die bisher beste Pro-Sieben-Eigenproduktion!“
Demirkans Heldin ist kein Gutmensch wie Rosa Roth, kein hochsensibler Terrier wie Bella Block – sie wirkt vielmehr wie der knallharte Profi, der Gefühle und Beziehungen dem Erfolg im Beruf opfert. „Mich hätte interessiert, was der Fall bei ihr, der privaten Sina Teufel, auslöst“, sagt Demirkan. Doch die Anwältin ist weniger Mensch und Frau als vielmehr eine verkappte Kommissarin.So wenig das private Chaos der Titelheldin ausgespielt wird, so sehr bekommt das Innenleben von Nathalie (glänzend: der neue Münchner Theaterstern Juliane Köhler), der Tochter des ermordeten, pädophilen Vaters, Konturen. Sie ist Alleinerbin, steht unter Mordverdacht und frönt bizarren sexuellen Neigungen. Sie besitzt den seltsamen Charme eines Zombies. Mehr und mehr wird ihre Psyche von Sina Teufel entziffert.
Eine so intensive Rollenvorbereitung wie einst bei „Reporter“, wo Demirkan wochenlang in der Redaktion des „Spiegel“ recherchierte, brauchte sie für „Inzest“ nicht. Schon einmal, 1989, spielte sie eine Anwältin, in Nico Hofmanns „Quarantäne“. Damals habe sie tagelang in Strafgerichtsprozessen gesessen. Außerdem habe sie eine Anwältin im Freundeskreis: „Ich weiß, wie einen die Fälle bis ins Privatleben hinein verfolgen können.“ (Text-Stand: 1996)