Inga Lindström – Wer, wenn nicht du

Entdeckung Maike Möller-Bornstein in vergnüglichem ZDF-Schwedenhäppchen

Foto: ZDF / Marco Meenen
Foto Rainer Tittelbach

„Wer, wenn nicht du“ ist eine sehr heutig anmutende romantische Komödie aus der „Inga-Lindström“-Reihe. Die beiden zum Liebespaar Auserkorenen sind schlagfertig und ironisch – und geküsst wird erfreulicherweise erst nach einer Stunde. Die Story ist abwechslungsreich, mehrschichtig gebaut, bis in die Nebenstränge hinein sehr verspielt und die „Antriebe“ der Figuren sind nachvollziehbar. Die Besetzung ist gut und Hauptdarstellerin Maike Möller-Bornstein mit ihren zahlreichen „Gesichtern“ ist weit mehr als ein schöner Hingucker.

Pernilla lebt einen Traum. Als Chefredakteurin eines „Landlust“-Magazins hat sie vor wenigen  Monaten dem politischen Tagesgeschäft als Journalistin adieu gesagt – und ist glücklich damit. Nur ihr Vater, ein schwedischer Großverleger, ist unzufrieden mit den tiefroten Zahlen, vor allem aber möchte er seine Tochter wieder im Stockholmer Stammhaus haben: er möchte kürzer treten, vieleicht sogar seine Ehe retten, außerdem sieht er das große Talent von Pernilla als „Feld-Wald-Wiesen-Redakteurin“ vergeudet. Mit dem Unternehmensberater Jasper Svensson setzt er ihr einen Controler ins grüne Nest. Der soll nichts retten, nichts verbessern, sondern dem Big Boss allein die Aussichtslosigkeit des Magazins fachmännisch bescheinigen. Dumm nur, dass Jasper von dieser quirligen Vollblutjournalistin ziemlich fasziniert und auch von ihrem Herzensprojekt angetan ist; aber auch Natur-Liebhaberin Pernilla findet diesen Großstadt-Workaholic auf der Überholspur gar nicht einmal so unsympathisch…

„Wer, wenn nicht du“ ist eine sehr vergnügliche Episode aus der „Inga-Lindström“-Reihe. Zwei ziemlich ausgeschlafene Hauptfiguren nehmen rasch die dem Genre zugeneigten Zuschauer für sich ein. Beide sind nicht auf den Mund gefallen, können schlagfertig und ironisch sein und kommen ohne die altbackenen Metaphern aus, die jahrelang den Dialogstil des ZDF-Sonntagsfilms bestimmt haben. Nur bei den Nebenfiguren verfällt Christiane Sadlo zwei, drei Mal in alte Untugenden („… und du bist nicht der Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen.“). Insgesamt ist die Story abwechslungsreich ausgedacht, mehrschichtig gebaut, das spielerische Moment wird auf die Nebenstränge mit Internet-Partnerbörse und Cyrano-de-Bergerac-Motiv weiter ausgedehnt und auch die „Antriebe“ der Figuren sind nachvollziehbar. Wichtigste dramaturgische Entscheidung: Die Romantik wird mit komödiantischer Leichtigkeit eine ganze Stunde lang auf Abstand gehalten. Da liegt was in der Luft – mehr aber auch nicht. Schließlich haben die Journalistin und der Controler ja ihren Beruf, den sie beide lieben, da benötigt die emotionale Öffnung schon der Mithilfe der Dramaturgie: Während einer Tagung müssen beide im selben Hotelzimmer übernachten – das lässt man sich als Komödienfan gern gefallen, gerade auch, weil statt der Leidenschaft erst einmal das große Kotzen beim Controler ausbricht. Und dann wird doch geküsst!

Inga Lindström – Wer, wenn nicht duFoto: ZDF / Marco Meenen
Die Rezeptur dieser „Lindström“-Episode: Erst wird geflirtet, ironisiert und gekotzt – geküsst wird erst nach einer Stunde. Im Film grinst das „Paar“ nicht die ganze Zeit! Maike Möller-Bornstein, Gedeon Burkhard

So kann dieser schwedische Sommerfilm lange Zeit wie ein Flirt, wie ein luftig-leichtes Vorspiel zum genregemäßen Liebesglück genommen werden. Sex, Drama und Enttäuschung sind dann auf die letzte halbe Stunde reduziert. Die übliche Geschlechter-Moral inklusive Läuterungswille kommt natürlich auch ins Spiel. Das macht fast gar nichts. Zu sehr hat es bis dahin vor allem die Hauptfigur und dessen Darstellerin geschafft, für sich einzunehmen. Jene Pernilla ist kein 100%ig liebesbedürftiges Mäuschen – lächelnd macht sie früh die Ansagen (der Apfel fällt nicht weit vom Baum) und selbst beim Finale unterbricht sie drei Mal den Kuss, um eine Frage zu stellen, die das männliche Gegenüber in „Manche-mögen’s-heiß“-Manier immer wieder mit „egal“ beantwortet. Gedeon Burkhard ist, keine Frage, für Sonntagsfilm-Verhältnisse ein Guter. Brandner und von Manteuffel natürlich auch.

Das Glanzlicht aber von „Wer, wenn nicht du“, ja, geradezu eine Entdeckung ist Maike Möller-Bornstein. Eine Schauspielerin mit – für dieses Genre ja nicht unwichtig – vielen Schokoladenseiten, „Gesichtern“ und Rollen-Optionen. In diesem leichtgewichtigen Film darf sie einige dieser möglichen Rollen anspielen: die Nette, die Nachhaltige, die Macherin, die Tochter eines übermächtigen Vaters, die Frau von nebenan, die das Natürliche genau so mag wie das Distanziert-Spielerische. Und manchmal schimmert bei der 30-jährigen noch etwas Girliehaftes durch und etwas Vamphaftes ist bei dieser Haarfarbe natürlich auch immer drin. Die Sätze gehen ihr locker und wie im Leben gesprochen von den Lippen und sogar noch im Businesskleid sieht Möller-Bornsteins Pernilla umwerfend aus.

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Reihe

ZDF

Mit Maike Möller-Bornstein, Gedeon Burkhard, Michael Brandner, Marijam Agischewa, Mirco Reseg, Dana Golombek, Felix von Manteuffel

Kamera: Thomas Antoszczyk

Schnitt: Manuela Kempf

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Drehbuch: Christiana Sadlo

Regie: Ulli Baumann

Quote: 5,05 Mio. Zuschauer (15,4% MA)

EA: 25.08.2013 20:15 Uhr | ZDF

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