Anders Allström, ein bekannter Komponist und Pianist, steckt in einer tiefen Lebenskrise. Bei einem Unfall hat er seine zehnjährige Tochter verloren. Seine Ehe ging daran bereits kaputt, seine Karriere steht vor dem selbst gewählten Aus. Eine Fahrt ins Blaue endet im Städtchen Lillekron. In einem idyllischen Häuschen am See kommt er bei dem verwitweten Hobby-Imker Gösta unter. Die beiden Männer freunden sich an. Gösta ist der Onkel von Magnus, einem aufstrebenden Banker, der in Stockholm Karriere machen will. Seine Freundin, die Erzieherin Livia, ist davon gar nicht begeistert. Seit Jahren hilft sie Gösta bei seiner Bienenzucht und das Kinderhaus im Ort ist ihre Herzenssache. Dass Magnus seinen Onkel bittet, für ein Bauprojekt sein Grundstück zu verkaufen, und dieser auch noch einwilligt, kann Livia nicht verstehen. Sie ist ziemlich durch den Wind. Und dann auch noch dieser seltsame Fremde, der so schweigsam und abweisend sein kann und dann wieder so freundlich! Wer er ist, weiß sie nicht. Sie weiß nur, dass sein Wesen sie tief berührt.
Im Rahmen der „Inga-Lindström“-Reihe ist „Ein Lied für Solveigh“ das höchste der Gefühle. Der Film lässt sich Zeit für das Ersehnte. Die Handlung ist reduziert, das Interaktionsnetz konzentriert sich auf vier Personen, die Ausgangssituation ist hoch emotional und durchaus für den Zuschauer nachvollziehbar. Die Besetzung ist mit Heikko Deutschmann und Peter Sattmann überdurchschnittlich und Eva-Maria Grein von Friedl verfügt über die Frische und die Gesichtsausdrücke, die dieser Film als Kontrast zur Nachdenklichkeit der Kerle benötigt. Den Rest an emotionaler Aufbauarbeit leistet das ländliche Schweden-Ambiente, das rotbraune Holzhaus mit dem Bullerbü-Charme, der hoch romantische See mit den schwärmenden Bienen, dazu Kinder, ein Hund, ein Boot – die von Christiane Sadlo gesetzten Ingredienzien stimmen, auch die genreüblichen Missverständnisse, die das Happy End verzögern, sind in dieser Geschichte nicht Dramaturgie bestimmend, sondern Atmosphäre stiftend.
„Ein Lied für Solveigh“ hält sich an den Grundsatz „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“. Die Liebesgeschichte entwickelt sich im Angesicht der Natur und der tiefen Traurigkeit der Hauptfigur. Für die Gefühle werden sichtbare Entsprechungen gesucht. Von Szene zu Szene kommen sich der Musiker und die Erzieherin näher. Dann eine Berührung, die erwidert wird. Die Kamera rückt ganz nah ran – bis sich der Mann dann doch entfernt. Kein Wort, nur Gesten. Der Zuschauer kennt das Genre, weiß über die Geschichte mehr als die eine oder andere Figur und dennoch entsteht weder irgendwann ein schales Gefühl noch Langeweile in dem von Gero Lasnig gut fotografierten Film von Martin Gies. Die Krönung ist der dramaturgische Umgang mit der Liebe. Da wird nicht die eine gegen die andere Beziehung ausgetauscht, da steckt hinter dem Bekenntnis zum Partner mehr als eine Genre-Konvention. Zuerst kommen die Wurzeln, der Lebensplan, der Idealismus, dann findet sich die Liebe.