Nur wenige Sendeplätze mit fiktionalem Inhalt sind im deutschen Fernsehen so klar definiert wie der Freitagabend im „Ersten“ und der Sonntagabend im „Zweiten“. Bei den Freitagsfilmen der ARD-Tochter Degeto ist seit einiger Zeit das Bemühen um neue Inhalte und neue Handschriften erkennbar. Das so genannte Herzkino im ZDF wirkt dadurch immer gestriger, allen voran die Reihen „Rosamunde Pilcher“ und „Inga Lindström“ von Christiane Sadlo.
Das Selbstfindungsdrama „Der Traum vom Siljansee“ von Udo Witte vereinigt alles, was diese Filme so anspruchslos erscheinen lässt: verstaubte Rollenbilder, vorhersehbare Geschichten, biederes Handwerk; die tempoarme Inszenierung erzeugt keinerlei innere Spannung. Wenn dann nicht wenigstens die Hauptdarsteller sehenswert (inlusive physischer Attraktivität) sind, gibt es keinerlei Grund, diese Form des Zeitvertreibs zu empfehlen; es sei denn, man betrachtet konsequenten Eskapismus als Qualitätsmerkmal. Der Handlungskern ist von bemerkenswerter Schlichtheit: Eine verstorbene Tante hat ihren beiden Nichten ihr malerisch an einem See gelegenes Gestüt hinterlassen. Die eine will verkaufen, die andere nicht.
Um die überschaubare Geschichte ein wenig auszuschmücken, hat Sadlo die Hauptfiguren um Motive und Eigenschaften ergänzt, die wie aus dem Setzkasten für anspruchslose Dramen stammen: Beide Schwestern hatten vor einiger Zeit eine kleine Schwächephase, aber während die rührend gutmütige blonde Elin (Nejarri) nur eine starke Schulter zum Anlehnen suchte, hat die böse brünette Rebekka (Rönnebeck) mit Elins Mann (von Tempelhoff) geschlafen. Dass Sadlo und Witte drumherum drucksen, von wem Rebekkas Kind ist, ist da fast schon lachhaft. Nicht minder klischeehaft fallen die weiteren Figuren aus: Weinbauer Magnus (Grüsser) lässt sich umgehend als potenzieller nächster Lebensgefährte Elins identifizieren, weil er das Herz auf dem rechten Fleck trägt. Harald (Kraeft), der Erzeuger der beiden jungen Frauen, hat sich einst aus dem Staub gemacht, weshalb Rebekka bis heute einen Vaterkomplex hat. Und dann ist da noch ein Hengst namens Mistral, den der Gestütsleiter (Schöne) eigentlich aussortieren will, weil er im Gegensatz zu Elin nicht an das Trabertalent des Pferdes glaubt. Während anderswo gegen Ende ausgebüchste Kinder dafür sorgen, dass das Liebespaar zusammenfindet, kommt hier der Hengst fluchtartig seinem drohenden Verkauf zuvor. Pünktlich zum Kuss zwischen Elin und Magnus taucht er aber wieder auf.
Wie in vielen Filmen dieser Art ist die Rolle der Heldin undankbar, weil sie vor allem Güte auszustrahlen hat; Schwester Rebekka ist als vermeintliches Biest nicht nur die facettenreichere Figur, Marie Rönnebeck ist auch attraktiver, charismatischer und glaubwürdiger als die etwas farblose Anja Nejarri. Außerdem erlaubt Witte seiner Hauptdarstellerin immer wieder kleine Hilfsgesten, die ein strengerer Regisseur nicht zugelassen hätte. Während immerhin das Pferd seine Sache gut macht, stehen die weiteren Mitwirkenden meist bloß mehr oder minder dekorativ in der Gegend herum. Seltsamerweise wird die Tatsache, dass Magnus Pilot ist, nicht mal für ausgiebige Rundflüge über die schöne Landschaft genutzt; Witte hätte „Der Traum vom Siljansee“ prima auch im Münsterland drehen können. Pferde gibt es da jedenfalls genug. (Text-Stand: 14.12.2013)