Können Eltern zu dumm für ihr Kind sein? Wie es gehen kann, dass eine Familie auseinandergerissen wird, weil die intellektuelle Förderung für die Heranwachsenden nicht optimal ist, zeigte bereits der Fernsehfilm „In Sachen Kaminski“. „In Liebe eine Eins“ handelt es sich quasi um eine Art Light-Version dieses Films mit seinem emotional wie sozialpolitisch brisanten Thema. Einer alleinerziehenden Mutter wird das Kind genommen, weil ihr Intelligenzquotient mit ihrer Liebe nicht mithalten kann. Anna Loos verkörpert diese Mutter schlicht, warmherzig, als eine Frau, die lieber mit den Pflanzen spricht als mit den Menschen. „Ich versteh Sie so schlecht“, hört man sie denn auch ein ums andere Mal sagen.
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Die Botschaft des „Kleinen Prinzen“ könnte auch als Leitsatz über dem Fernsehfilm von Annette Hess und Hartmut Griesmayr stehen. Obwohl die Augen von Anna Loos für den Zuschauer eine enorme Ausdruckskraft besitzen – als Spiegel einer guten Seele, weiß die Heldin mit dem kalten Sinnesorgan, das dem Verstand als Handlanger dient, wenig anzufangen. Die Kraft ihrer Heldin Leni liegt in der Intuition. „Die hat was Eisernes am Herz“, erspürt sie beispielsweise das Wesen jener Lehrerin, die die behördliche Maschinerie in Gang setzt. Leni wird das Sorgerecht für ihren Sohn aberkennt. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht liegt nun beim Jugendamt. Der Junge kommt zunächst in ein Heim, später in eine Pflegefamilie. Der Dramaturgie wegen wird ausgerechnet die Lehrerin seine „neue Mutter“. Dass aber auch sie am Ende mit dem Herzen sehen wird, bleibt anzunehmen.
Diese Leni Bluhm hat Anna Loos „berührt und fasziniert“. Der Reiz dabei war, eine Mutter zu spielen, die „so weit aus der Norm fällt“. Loos hat zur Vorbereitung Menschen mit geringem IQ getroffen. „Ich habe gemerkt, dass sie alle anders sind und man ihnen die ‚Behinderung’ nicht ansieht.“ Und genau so spielt sie schließlich auch ihre Leni Bluhm: als eine liebevolle Mutter, bei der man erst, wenn sie den Mund aufmacht, spürt, dass sie in einer etwas anderen Welt lebt. Was so selbstverständlich aussieht war harte Arbeit. „So eine Figur nicht von außen, sondern von innen zu entwickeln, das ist eine große Herausforderung.“ Die Gefühlslagen, durch die die Heldin getrieben wird, sind Motor des Films. „Ich wollte eine Figur darstellen, die an sich als Mutter zweifelt und an der auch der Zuschauer zweifeln soll, ohne den Mut und das Vertrauen in sich zu verlieren“, betont Loos. An der Seite der gebürtigen Brandenburgerin zu sehen ist Heiner Lauterbach als Lenis cooler Anwalt. Eine Rolle, die der Schauspieler im Vorbeigehen spielt. (Text-Stand: 30.11.2005)
Foto: MDR