Im Grunde wäre der Bestseller der Engländerin Jojo Moyes eine perfekte Vorlage für das Sonntags-„Herzkino“ im ZDF. Die Geschichte besteht aus zwei Handlungssträngen, die sich schließlich vereinigen: Die 14jährige Sarah hat das Dressurtalent ihres geliebten Großvaters Henri geerbt und träumt davon, wie dieser eines Tages in der berühmten französischen Reitakademie Cadre d’Or aufgenommen zu werden. Hauptfiguren der zweiten Ebene sind das Paar Natasha und Mac. Die Anwältin und der Fotograf haben sich auseinander gelebt, müssen den Rest ihrer Ehe jedoch notgedrungen im gemeinsamen Haus verbringen, bis sich ein Käufer für das einst liebevoll renovierte Domizil findet. Die Lebenswege des Trios kreuzen sich, als Natasha zufällig mitbekommt, wie Sarah beim Klauen im Supermarkt erwischt wird. Weil Henri nach einem Schlaganfall im Krankenhaus liegt, nimmt sie das Mädchen unter ihre Fittiche. Als sich Sarah, die vom ekligen neuen Besitzer des Pferdehofs sexuell belästigt wird, eines Tages kurzerhand auf ihr Pferd Boo setzt und Richtung Frankreich davonreitet, macht sich das Paar auf die Suche – und findet die verloren gegangene Liebe wieder.
Die Handlung hätte sogar das Zeug zum Kinofilm. Mädchenfilme dieser Art haben schließlich eine lange Tradition; Drehbuchautorin Miriam Rechel hätte dafür nur die Ebene mit Sarah etwas stärker betonen brauchen. Weil „Im Schatten das Licht“ für Sat 1 entstanden ist, steht selbstredend das Ehepaar im Vordergrund. Dieser Teil der Geschichte hat jedoch ein entscheidendes Manko: Zwischen Anna Schudt und Kai Schumann funkt es nicht. Außerdem gibt es unübersehbare Fehler in der Führung selbst der prominenten Darsteller, die mitunter hölzern wirken, zumal ihre Dialoge stellenweise auswendig gelernt klingen. Das ist durchaus überraschend, immerhin ist Grimme-Preisträgerin Vivian Naefe („Einer geht noch“, 2001), die neben einer Vielzahl von Fernsehfilmen auch die erfolgreiche Kinoreihe „Die Wilden Hühner“ (2006 bis 2009) gedreht hat, eine der erfahrensten deutschen Regisseurinnen. Gerade ihre Komödien, zum Beispiel „Der Doc und die Hexe“ (2010) oder die ersten Verfilmungen der Bundschuh-Romane von Andrea Sawatzki („Tief durchatmen, die Familie kommt“, 2015; alle ZDF), zeichnen sich in der Regel durch ein ausgezeichnetes Gespür für Tempo und Timing aus. Für „Im Schatten das Licht“ gilt das überhaupt nicht.
Soundtrack: Cat Power („What The World Needs Now“), Sam Smith („Stay With Me”), Ruelle feat. Fleurie („Carry You”)
Autorin Rechel hat sich bislang vor allem durch zwei RTL-Produktionen hervorgetan: „Passagier 23 – Verschwunden auf hoher See“ (2018) nach dem Roman von Sebastian Fitzek war ein fesselnder Thriller, die Serie „Doc meets Dorf“ (2012/13) ausgesprochen vergnüglich. Umso irritierender sind die dramaturgischen Schwächen dieses Liebes- und Pferdedramas. Die Szenen mit Diana Amft in einer Art Gastrolle als Natashas Schwester zum Beispiel hätten komplett gestrichen werden können. Auf der anderen Seite kommt Henning Baum als Kollege und Liebhaber der Anwältin viel zu kurz; seine wenigen Auftritte tragen kaum dazu bei, der Beziehung zwischen den beiden eine glaubwürdige Tiefe zu geben. Eigentlicher Star des Films ist daher die junge Lorna zu Solms als Wildfang. Sie hat sich offenkundig auf dem Rücken von Boo sehr wohl gefühlt und einige ihrer Stunts selbst absolviert. Die junge Schauspielerin hat ihre Sache bereits im Auftakt der ARD-Reihe „Väter allein zu Hause“ als Filmtochter von Peter Lohmeyer ganz ausgezeichnet gemacht. Sehr entspannt wirkt auch Filip Peeters als „Cowboy“ und Besitzer des Pferdehofs, auf dem Boo untergebracht ist. Die Rolle seines abstoßenden Nachfolgers, der selbstverständlich kein Herz für Tiere hat, ist dagegen eine Klischeefigur, wie Robert Gallinowski sie schon Dutzende Male verkörpert hat.
Immerhin hat das Drama einige Schauwerte zu bieten. Viele Außenaufnahmen sind im belgischen Wallonien entstanden. Naefes Stammkameramann Peter Döttling hat die Bilder in ein heimeliges Sommerlicht getaucht; die Innenszenen wirken mit ihren freundlichen Farben ebenfalls, als seien sie bei einfallendem Sonnenlicht gedreht worden. Auch die Musik (Dominik Giesriegl, Alex Komlew) sorgt über weite Strecken für Wohlfühlstimmung, was aber nichts daran ändert, dass der Film mit einer Nettodauer von zwei Stunden viel zu lang und zwischendurch entsprechend langatmig ist. Neben dem Tempo fehlt zudem ein gewisser Charme. Daran ändern auch die wenigen pfiffigen Dialoge nichts. So stellt zum Beispiel der „Cowboy“ bei der Fahrt Richtung Frankreich fest, es laufe im Leben nun mal nicht wie in den Liebesschnulzen, „die aufhören, wenn die Arbeit eigentlich erst richtig losgeht.“ So einen Satz wird man im schnulzigen „Herzkino“ des ZDF eher nicht hören. Ein Happy End hat „Im Schatten das Licht“ trotzdem, selbst wenn es im letzten Akt noch recht dramatisch wird.