Katja, Annette und Isabel haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. In einer Fahrschule treffen sie bei der Vorbereitung zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung zufällig aufeinander, gehen des Öfteren zusammen einen oder auch mal zwei, drei oder vier Cocktails trinken und freunden sich an. Die erste ist eine ziemlich entnervte Altenpflegerin, Mitte 50, die sich mit Witz und Zynismus am Leben hält. Die zweite, gut 10 Jahre jünger, lebt in einer offenbar ziemlich zerrütteten Ehe, ist (noch) wohlhabend und hat ein latentes Alkoholproblem. Die dritte, Anfang 30, bekommt kaum ihren Mund auf, will aber nicht länger das Mauerblümchen an der Seite ihres ehrgeizigen Freundes sein. Wutobjekt der drei Frauen ist das Oberekel, der Idiotentest-Leiter Marius, der die Kursteilnehmer ständig verbal zusammenfaltet. Objekt des Begehrens dagegen ist Seminarteilnehmer Erik, dem das Daten mit Isabel zu kompliziert ist und der sich kräftig in Katja verguckt. Doch die hat ständig ihren Ex an der Backe, sodass die erste gemeinsame Nacht auf sich warten lässt. Je näher der Test rückt, umso durchlässiger werden die Frauen für ihre Gefühle, ihren Frust, ihre Wünsche.
Soundtrack:
Gabriella Cilmi („Sweet about me“), Eliza Doolittle („Skinny Genes“), Stefanie Heinzmann („No one“), Caro Emerald („A night like this“), Tom Jones („Sometimes we cry“), Marco Masini („T’innnamorerai“), Ricardo Gogli („Per Lucia“), Flashbaxx („Sand Bank“), Tony Bennett („Body and soul“), David Cullum („What a difference a day made“), Eros Ramazzotti („Più bella cosa“)
Foto: ZDF / Michael Boehme
„Idiotentest“ ist keine klassische „Nimm’s-leicht“-Komödie. Autor Stefan Rogall hat ein Stadtneurotikerinnen-Trio erfunden, das am Rande des Nervenzusammenbruchs und mit präfinalem Hang zur Tragikomödie dem Alltag ins Antlitz schaut. Die Desillusionierte, das Mäuschen & die psychisch Instabile werden nicht ganz ohne Grund von ihrem MPU-Trainer zusammengestaucht. Die Persönlichkeit der drei Frauen weist merkliche Mängel auf. Annette (schön depressiv: Susanna Simon) steckt in der tiefsten Krise. Sie trinkt sich in die Isolation, verleugnet lange Zeit ihre schlimme Familiensituation. So lange es nur geht, will sie den schönen Schein wahren. Als sie ihrer Tochter im Affekt eine schallende Ohrfeige gibt, kommt von Annette sofort ein „tut mir leid“. Die Tochter scheint fast dankbar zu sein für diese authentische Geste: „Jetzt versau’s doch nicht gleich wieder. Bleib doch endlich mal ehrlich.“
Auch Katja und Isabel (schön spielfreudig: Henriette Richter-Röhl) streifen das Tal der Tränen, bevor sie wieder Land sehen in ihrem Leben. Schön wie Autor Rogall die Sorgen und Nöte seiner Heldinnen nicht nur dem Alltag abgelauscht hat, sondern wie er den Alltag, seinen Rhythmus, die Sprunghaftigkeit und Zufälligkeit, an die Dramaturgie des Films zurückgibt, ohne dass das Erzählte dabei beliebig erscheinen würde. Der Idiotentest als formaler Spannungsbogen gibt der auch im Detail gut gebauten Komödie die nötige Finalität. Die Dialoge atmen Sitcom-Spritzigkeit und tragen nicht unwesentlich zum (guten) Tempo dieser sommerlichen Köln-Komödie bei. Vor allem Katjas kölsche Schnauze macht Laune: Auf den Gemeinplatz „Menschen ändern sich“, kontert sie: „Ja, Menschen. Männer nicht – jedenfalls nicht zum Vorteil.“ Mariele Millowitsch ist ganz in ihrem Element. So witzig hat man sie seit „Nikola“ nicht mehr gesehen. Und stets wird die Traurigkeit und Einsamkeit des Clowns hinter ihren Wortgeschossen deutlich. Von ihrem Ex, der sie vom Sex wegholte, ins Krankenhaus, will sie sich nicht länger verarschen lassen und raunzt in Richtung Krankenschwester. „Rufen Sie mich das nächste Mal erst an, wenn er tot ist.“ Fazit: filmischer Mädelsabend zwischen Galgenhumor, wenig Sex & viel latenter Frustration. (Text-Stand: 11.4.2012)