Eine junge Kuratorin kämpft um ihr Projekt, eine Kunstausstellung über den Zusammenhang zwischen Kino, Kunst und Politik – mit dem Titel „Das Kino. Das Kunst“. Kunst ist bald nicht mehr das Thema der Diskurs-beflissenen Asta Andersen (Sarah Ralfs), sondern die Bedingungen von Kulturproduktion in der spätkapitalistischen Gesellschaft. Die zeigen sich besonders dann, wenn der Kunstproduzent das System kritisiert. Andersen zeigt, wie’s geht: ein ehrliches Radio-Interview – und schon ist die Finanzierung für ihren Kunstfilm geplatzt. Für die Kuratorin stellt sich die Frage: Kann es überhaupt noch Kunst geben, die identisch ist mit ihrem Künstler, in einem auf Wirtschaftlichkeit getrimmten System? Astas Mutter (Hannelore Hoger) kennt das Spiel aus ihrer Studienzeit. Die Alt-68erin rät ihr zum Kampf.
„In den Achtzigern hätte der Reaktionär zum Kritiker gesagt: ‚Geh doch rüber in die DDR, wenn dir der Kapitalismus nicht gefällt!’ Das ist jetzt anders. Heute würde der Reaktionär dem Kritiker erwidern: ‚Geh doch in die Bildende Kunst, wenn es dir beim Film nicht gefällt.“ (ein Dialog der Heldin des Films)
Foto: RBB / Sarah Bohn
„Ich will mich nicht künstlich aufregen“ ist eine Filmkunst-Farce im Gewand eines episodischen Essayfilms. Die Geschichte eines multimedialen Ausstellungsprojekts wird nicht klassisch linear erzählt, der Zuschauer muss sie sich selbst zusammenreimen aus den vielen Schnipseln, die einem Max Linz in den 80 Minuten dieser Kinoproduktion, die ihre Premiere auf der Berlinale 2014 hatte, anbietet. In typischer Manier eines Alexander Kluge montiert der Autorenfilmer Fragmente von Narration mit Szenen und Materialien, die auf den ersten Blick in keinem kausalen Zusammenhang stehen. Ein Bild – so die Theorie und teilweise auch die Praxis – ergibt sich erst im Laufe des Wahrnehmungsprozesses des Zuschauers. Die Montage ist letztlich bunter als alle Theorie, die sich vor allem in einem unverständlichen Meta-Diskurs mit marxistischem Gedankengut äußert; die Satire-Absicht ist deutlich, aber nur für Insider verständlich. Nichtsdestotrotz gehören auch solche Filme, die für den Normalzuschauer uninteressant sein dürften, ins öffentlich-rechtliche TV-Programm. Früher sah man sie öfter. Max Linz: „Heute kann sich jeder Alt- und Neonazi in Ruhe durch die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme schalten. Kein Fassbinder, kein Wildenhahn, keine feministischen Filmemacherinnen mehr, die ihm in schöner Regelmäßigkeit die Stimmung verderben.“
Der Film mit seinem antinaturalistischen Spiel, seiner spröden Machart, mit seinen V-Effekten (den Vorspann gibt es nach 30 Minuten) und seiner Überfülle an Ideen und an theoretischem Überbau ist anstrengend, aber er hat durchaus seine Momente. Wenn beispielsweise die Schutzheilige des deutschen Autorenfilms, die Kluge-Ikone Hannelore Hoger, auftaucht und auf den Bundespräsidenten einredet, ohne dass man etwas davon verstehen kann. Oder wenn eine ziemlich penetrante Person zum „Brecht-Yoga“ einlädt, wenn ein Paar eine Sitcom-ähnliche Situation spielt und die Bilder dabei durch den Godardschen Jump-Cut-Generator gejagt werden, wenn Experimentalbilder und Fashoon-like Sequenzen dem Auge angenehme Abwechslung bieten nach kulturpessimistischem Laienspiel. Auch wenn der Film alles ablehnt, was das emotionale Erzählkino ausmacht, so verzichtet Max Linz nicht auf eine tragende, charismatische Protagonistin (auch Godard kam ohne den Faktor Frau nicht aus): Sarah Ralfs gelingt es, dem Diskurs-geschwängerten „Ich will micht nicht künstlich aufregen“ eine gewisse ikonografische Aura zu verleihen: elegant, graziös, ätherisch, fragil, Mannequin-haft ist ihre Erscheinung, aber die Laienakteurin ist auch dialogsicher im Spiel.
Foto: RBB / Sarah Bohn
„Dieser Film will viel: Es geht um Integration durch Kunst, um Vermischung aller visuellen Formen. Und da liegt das Problem. Das ist zu viel, da siegen die Klischees. Das brotlose, Alimente-abhängige Dasein vieler Kreativer in Berlin, wo von dieser Spezies gut Hunderttausend leben, verquickt sich zudem verwirrend mit dem theoretischen Überbau für Insider. Eine ätzende Analyse der Situation der Kunstförderung in der Berliner Republik ist das nicht geworden, eher ein Short-Cuts-Versuch über das Scheitern.“ (Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung)
Man muss den Film als Collage begreifen und nicht als Erzählung, die einem die eineWahrheit vermitteln will. Trotzdem bleibt – wie bei den meisten politischen, wort- und theorielastigen Essayfilmen – die Wahrnehmung eine Gratwanderung: In 80 Minuten etwas sinnlich aufzunehmen und annähernd zu verstehen, über das sich der Filmemacher monatelang Gedanken gemacht hat, ist schwierig bei so viel Überbau. Letztlich fördert diese Form nicht nur den aktiven Umgang mit dem filmischen Material, sondern auch das Vor-Urteil: Jeder sieht nur das im Film, was er sehen kann, was er an Wissen zur Verfügung hat. Er füllt quasi die Leerstellen mit sich selbst. Da triumphiert letztlich eher der Narzissmus des Zuschauers als irgendeine neue Erkenntnis. Und wer nicht zu den Insidern (Kunst, Uni, Frankfurter Schule) gehört, der dürfte (nicht in der Zirkuskuppel, sondern) vorm Fernseher ziemlich ratlos sein.