Eigentlich müsste sie jeden Moment zusammenbrechen, jene Julia Schiller, das Superweib aus dem vierten Film der ARD-Reihe „Lauter tolle Frauen“. Vier Kinder, eine verdrehte Tante, ein Hund und ein stressiger Job als Fernsehjournalistin, dazu ein Mann, den sie eigentlich schon abgeschrieben hat – „aber sie schafft alles und verliert dabei nicht einmal ihren Humor“, so Suzanne von Borsody, eine Schauspielerin, der die guten Rollen zuletzt nur so zugeflogen sind. In der leichten Doppelbelastungs-Komödie „Ich liebe meine Familie, ehrlich“ spielt sie seit 16 Jahren erstmals wieder mit ihrer Mutter Rosemarie Fendel in einem Film zusammen.
Voll in den Alltag einer alleinerziehenden Mutter gegriffen hat Krystian Martinek („Schulz & Schulz“) bei seinem Drehbuch nach dem gleichnamigen Roman von Anna Johann. Wo man hinschaut herrscht Chaos. Wolf, der Ehemann, ging fremd, wurde vor die Tür gesetzt – und kommt wieder angekrochen. Tante Isolde ist einem greisen Mörder auf der Spur und hofft schwer auf die Hilfe von Journalistin Julia. Die wiederum hat ein Verhältnis mit ihrem Chef: er redet von gemeinsamer Zukunft, doch sie will nicht mehr als einen Hormonkick. Und die Kinder, die gehen sich vor allem gegenseitig auf die Nerven. Jeder meint, er komme zu kurz.
„Lasst uns doch wie erwachsene Menschen darüber reden!“ sagt der Noch-Ehemann, der wieder in den Hafen der Familie einlaufen möchte. „Wie soll das gehen, wenn Du dabei bist?!“ schießt Julia zurück. „Witzig und in sich recht stimmig“ sei denn auch das Drehbuch, sind sich Mutter und Tochter einig. In den Roman haben sie garnicht erst reingeguckt, denn beide seien nicht gerade das, was man einen „Hera-Lind-Fan“ nennt. Die Drehbuch-Vorlage wurde deutlich auf harmlose Familienunterhaltung getrimmt. „Im Roman stirbt das Tantchen, aber in einer TV-Komödie kannst Du nicht den Clown sterben lassen“, betont Fendel.
Foto: Degeto
„Eine praktische, patente Person, die immer fröhlich bleibt“, so bezeichnet Suzanne von Borsody ihre Julia. Ihre Mutter indes spielt mal wieder das „verrückte Huhn“. Darauf scheint die 72jährige zunehmend festgelegt zu werden. „Es ist schon so, dass man sich gern übers Alter ein bisschen lustig macht; man spricht nicht umsonst von der Rolle der komischen Alten“, sagt Fendel. Und die sei besser als die üblichen Alten-Klischee-Figuren. „Außerdem sind die stinknormalen Menschen nicht so interessant zu spielen wie die mit Spleen!“
Regina Ziegler und Regisseur Stefan Lukschy, ein TV-Routinier für alle Genre-Fälle, haben außer dem Gespann von Borsody/Fendel mit Gunter Berger, Leonard Lansink und Manfred Steffen („Die Reise des Herrn Matzke“) weitere Hochkaräter verpflichtet. Aber auch die unbekannten Jugend-Darsteller wie das Zwillingspaar Marco und Nico Hellenthal, Friederike Grasshoff und Wolke Hegenbarth trugen mit dazu bei, dass „Ich liebe meine Familie, ehrlich“ zum besten Film der „Lauter tolle Frauen“-Reihe 1999 wurde. (Text-Stand: 16.4.1999)