Zwar hat die Ex-Prostituierte Domenica Niehoff mit Rat und Tat zur Seite gestanden, „Hurenstreik – Eine Liebe auf St. Pauli“ sei aber kein Sozialdrama, eher eine romantische Komödie. „Kiez-Märchen“, nennt Regisseur Martin Enlen („Andrea und Marie“) das RTL-Movie wohlweislich, und wie jedes Märchen besitzt die Geschichte auch einen Funken Wahrheit“, so der 38-Jährige, der für dieses angenehm leichte TV-Movie, das dafür gelegentlich schwer zu Herzen geht, Barbara Auer und Sandra Speichert gewinnen konnte.
Erzählt wird zunächst die Geschichte von Nikolaus (Niels Bruno Schmidt) und Sandy (Sandra Speichert). Er Lichtkünstler mit Kiez-Anbindung, sie Kickboxerin aus bestem hanseatischen Haus, ihr Vater ist der Justizsenator. Die Liebe der beiden scheint also unmöglich zu sein. Nik, der nichts von Sandys Herkunft weiß, ist völlig am Boden zerstört, als er nach einer romantischen Liebesnacht nichts mehr von ihr hört. „Mach was Großes für deine Liebe“, rät ihm die Hure und Ersatzmama Elisa (Barbara Auer), Gesagt, getan. Am nächsten Tag prangt in großen Lettern „Sandy, ich liebe dich“ an der Bordwand der Cap San Diego, Hamburgs größtem Museumsschiff, und Nik findet sich wenig später in Untersuchungshaft wieder. Elisa fühlt sich verantwortlich. Sie will dem Jungen helfen – mit einem Hurenstreik.
Enlen, bekannt als ein Regisseur, der vor allem einen Draht zu weiblichen Figuren findet, war schnell angetan von diesem „Frauen-Stoff“ (Buch: Beate Langmaack). Gefühle zu inszenieren ist seine Leidenschaft. In „Hurenstreik“ entwickelt ausnahmsweise auch einmal ein Mann extreme Emotionen. „Man muss sehen, dass Nik wirklich verliebt ist und dass es bei dieser Liebe nicht nur um Äußerlichkeiten geht“, betont Enlen. Er hat deshalb die Liebesnacht zu Beginn vom Stundenhotel auf einen formschönen Truck-Oldtimer und das Frühstück danach in einen Strandkorb verlegt. Dazu der Katzenblick der Speichert. So schön kann Liebe sein.
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„Selten wirkte das Milieu so glatt und sauber wie in diesem Kiez-Märchen von Martin Enlen. Hübsch anzusehen, aber weichgespült.“ (TV-Spielfilm)
„Ich versuche, auch bei einer Komödie aufrichtig mit meinen Figuren umzugehen“, sagt Enlen. So sieht man Barbara Auer als Elisa in den verschiedensten sozialen Rollen: als Prostituierte, als Mutter, die ihrer Tochter morgens ein Ei brät, als gute Seele, als Streik-Organisatorin, die sich zu verkaufen weiß, als Frau, die sich – trotz oder vielleicht gerade wegen ihres Berufes – nach Liebe sehnt. Enlen: „Ich mag meine Figuren und ich möchte auch, dass der Zuschauer sie mag. Und was sagt der Regisseur zum Milieu der Geschichte? Der Puff als Ersatz-Familie. Ein Kiez voller warmherziger Nutten. „Das ist schon eine kleine Wunschphantasie. Es gibt auf St. Pauli natürlich vor allem eine ganz andere Realität. Und immer hört der Spaß beim Geld auf.“ Das bekam auch die Produktion zu spüren, spätestens, als sie an Original-Schauplätzen drehen wollte. „Vor Kiez-Motiven zu drehen war nicht mehr erschwinglich. Da gibt es immer eine Reihe von Leuten, die die Hand aufhalten.“ Das Tor zur berühmten Herbertstraße musste deshalb 1:1 nachgebaut werden.